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path: root/OEBPS/Text/01-skizzen/05-kuno-kohn.xhtml
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authorPatrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc>2022-09-09 22:46:23 +0200
committerPatrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc>2022-09-09 22:46:23 +0200
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-rw-r--r--OEBPS/Text/01-skizzen/05-kuno-kohn.xhtml88
1 files changed, 88 insertions, 0 deletions
diff --git a/OEBPS/Text/01-skizzen/05-kuno-kohn.xhtml b/OEBPS/Text/01-skizzen/05-kuno-kohn.xhtml
new file mode 100644
index 0000000..b407b89
--- /dev/null
+++ b/OEBPS/Text/01-skizzen/05-kuno-kohn.xhtml
@@ -0,0 +1,88 @@
+<?xml version="1.0" encoding="utf-8"?>
+<!DOCTYPE html>
+
+<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml">
+<head>
+ <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" />
+ <link href="../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+ <title>Kuno Kohn</title>
+</head>
+<body>
+
+<div class="prose">
+
+ <h3 class="center">Kuno Kohn</h3>
+
+<p>
+Seit einem halben Jahr wohne ich in dem Haus. Von den
+Bewohnern hat noch niemand etwas bemerkt. Ich bin
+vorsichtig.
+</p>
+
+<p>
+Das weiße Kostüm bringt mir Glück. Ich verdiene genug. Und
+habe angefangen zu sparen; denn ich fühle, daß die Kräfte
+nachlassen. Häufig bin ich matt, manchmal habe ich
+Schmerzen. Auch werde ich dick und alt. Ich schminke mich
+nicht gern – – –
+</p>
+
+<p>
+Ich stehe nicht mehr unter Kontrolle. Kuno Kohn hat mich
+frei gemacht. Ich bin ihm dankbar.
+</p>
+
+<p>
+Kuno Kohn ist häßlich, er hat einen Buckel. Das Haar ist
+messingfarben, das Gesicht ist bartlos und von Furchen
+rissig. Die Augen sehen alt aus, um sie sind Schatten. Am
+Hals beginnt eine Narbe wie eine Regenrinne. Das eine Bein
+ist angeschwollen. Kuno Kohn hat einmal gesagt, daß er
+Knochenfraß habe.
+</p>
+
+<p>
+Sonderbar ist die erste Begegnung gewesen:
+</p>
+
+<p>
+Es regnete. Die Straßen waren naß und schmutzig. Ich stand
+an einer Laterne und blickte auf die angespritzten Kleider.
+Wenn Wind kam, fröstelte ich. Die Füße schmerzten von den
+Schuhen.
+</p>
+
+<p>
+Selten ging wer. Meist auf der anderen Seite. Im Schutz der
+Bäume. Mit aufgeschlagenem Mantelkragen. Den Hut schief über
+die Stirn. Niemand beachtete mich, ich stand traurig.
+</p>
+
+<p>
+Der Kies knirschte hinter mir. Hart und plötzlich, daß ich
+aufschreckte. Ein Polizist kam, die Hände am Rücken. Er ging
+langsam. Er sah mich argwöhnisch an, stolz auf sein Recht.
+Mit nacktem Blick, er fühlte sich Herr. Er schritt weiter.
+Ich lachte höhnend, er schaute sich nicht um. Der Polizist
+verachtete mich.
+</p>
+
+<p>
+Ich gähnte; es war spät geworden. – Da kam einer, der war
+klein und verwachsen. Er blieb stehen, als er mich sah. Er
+hatte die unglücklichen Augen, um die Lippen war verlegenes
+Lächeln. Er versteckte einen Teil des Gesichts hinter dürren
+Fingern. Und rieb am rechten Lid, wie wer, der sich schämt.
+Und hüstelte... Ich trat dicht zu ihm, daß er mich fühlte.
+Er sagte: »Na –« Ich sagte: »Komm, Kleiner.« Er sagte:
+»Eigentlich bin ich homosexuell.«
+</p>
+
+<p>
+Und nahm meine Hand. Und küßte mit kalten Lippen.
+</p>
+
+</div>
+
+</body>
+</html>