aboutsummaryrefslogtreecommitdiff
path: root/OEBPS/Text/prosa/sonstige_prosa/04_retter_des_theaters.html
diff options
context:
space:
mode:
Diffstat (limited to 'OEBPS/Text/prosa/sonstige_prosa/04_retter_des_theaters.html')
-rw-r--r--OEBPS/Text/prosa/sonstige_prosa/04_retter_des_theaters.html93
1 files changed, 93 insertions, 0 deletions
diff --git a/OEBPS/Text/prosa/sonstige_prosa/04_retter_des_theaters.html b/OEBPS/Text/prosa/sonstige_prosa/04_retter_des_theaters.html
new file mode 100644
index 0000000..e91c804
--- /dev/null
+++ b/OEBPS/Text/prosa/sonstige_prosa/04_retter_des_theaters.html
@@ -0,0 +1,93 @@
+<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?>
+<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN"
+ "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd">
+
+<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml">
+<head>
+ <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" />
+ <link href="../../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+ <title>Retter des Theaters</title>
+</head>
+<body>
+
+<h4>Retter des Theaters</h4>
+
+<p>
+Die Theater sollten aufhören, den Kinos Konkurrenz zu
+machen. Sie erreichen dadurch &ndash; freut euch, Theaterfreunde &ndash;
+das Gegenteil von dem, was sie wollen: Sie krepieren.</p>
+
+<p>
+Am besten erhalten sich diejenigen Theaterbetriebe, die dem
+Kino nicht das geringste einräumen: Weder in der Auswahl der
+Stücke Konzessionen machen, noch in dem Rahmen. Dies ist
+erklärlich. Was die Kinos &ndash; nachgebend den Instinkten der
+Menge &ndash; bieten, werden die Theater in derselben Masse und
+Fülle niemals produzieren können, gebunden an ihre
+Schranken. Das Publikum bemerkt kopfschüttelnd das hilflose
+Bemühen. Und läuft in die Kinos. Denn was das Publikum an
+das Theater fesseln sollte: Die Kunst, wird zumeist
+schandhaft vernachlässigt. (Wie wenn Filzhutfabrikanten den
+Einfall hätten, zu einer Zeit, wo allgemein Strohhüte
+getragen werden, Filzhüte in Form und Farbe von Strohhüten
+auf den Markt zu bringen.)</p>
+
+<p>
+Bevor die Kinos kamen, waren die vielen »Theater« minderen
+Ranges die bei weitem größere Gefahr des Theaters.
+Charakteristischerweise sind durch die Kinos Institute
+dieser Art am meisten bedroht. Einige werden durch die
+Geschicklichkeit ihrer Direktoren oder durch andere Zufälle
+noch eine Weile erhalten bleiben. Unzweifelhaft ist das
+»Aussterben« der minderwertigen Theaterbetriebe binnen
+kurzer Zeit. Das Publikum, das an derlei Geschmack fand, hat
+im Kino erheblich üppigeren Ersatz: Mord und Totschlag in
+Hülle und Fülle. Komik bis zum Platzen. Fett aufgemachte
+Rührung. Und der Kinomime mit seinen faustdicken
+Unterstreichungen &ndash; etwa in einer tragischen, bunt
+kolorierten Ehebruchsgeschichte (in historischen Trachten) &ndash;
+übertrifft den Schmieren-Hamlet bedeutend an
+herzergreifender Wirkung.</p>
+
+<p>
+Die Theater, die sich erhalten wollen, sind gezwungen, sich
+wieder auf sich zu besinnen. Die Direktoren müssen reine
+Schauspielkunst pflegen. Die Schauspieler &ndash; im Gegensatz zu
+den »Filmern«, besser »Kinistern« oder »Kinikern« &ndash;, um
+ihren Ruf zu wahren, alle Mätzchen und Scherze fallen
+lassen. Das Publikum, das trotz des Kinos in die Theater
+geht, ist anspruchsvoll und läßt sich nichts vormachen.</p>
+
+<p>
+Es können nicht genug Kinos entstehen. Ich würde
+kulturpolizeilich verordnen, daß in jeder Straße ein halbes
+Dutzend aufgemacht werde.<br />
+Je mehr die Menschen sich in die Kinos stürzen, desto eher
+wird ein Teil des Schwindels überdrüssig werden. Von den
+Hunderttausenden, die Kinos bevölkern, werden jährlich
+einige Hundert sich wieder zum Theater bekehren.</p>
+
+<p>
+Die Zahl der Theater wird in Zukunft geringer sein, aber
+ihre Qualität durchschnittlich unverhältnismäßig besser. Die
+unfähigen Direktoren, Dramaturgen, sonstigen Krachleute, die
+bisher am Theater schma-rotzten, werden im Kinobetrieb einen
+geeigneteren Ort für ihre Fähigkeiten entdecken. Die vielen
+mittelmäßigen und schlechten Schauspieler, die jetzt noch
+allerorten die Preise drücken und den Weg versperren, können
+vorzügliche Kiniker werden. Ein talentierter Schuster wird
+künftig nicht in die Theaterschule, sondern in die
+Kinoschule gehen. Lispeler, Schiefe, Bucklige, Stumme,
+ähnliche Defizitmimiker werden ihre persönliche Note
+leichter und glücklicher am Kino austoben können.</p>
+
+<p>
+(Das Kino der unbegrenzten Möglichkeiten &hellip;)</p>
+
+<p>
+Aber &ndash; das Theater wird, dank dem Kino freigeworden von
+hemmendem Ballast und ungünstigen Einflüssen, zurückkehren
+<span class="spaced">müssen</span>: Zur heiligen Schauspielkunst.</p>
+
+</body>
+</html>