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author | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2020-03-04 16:45:23 +0100 |
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committer | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2020-03-04 16:45:23 +0100 |
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-rw-r--r-- | OEBPS/Text/prosa/sonstige_prosa/04_retter_des_theaters.html | 93 |
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diff --git a/OEBPS/Text/prosa/sonstige_prosa/04_retter_des_theaters.html b/OEBPS/Text/prosa/sonstige_prosa/04_retter_des_theaters.html new file mode 100644 index 0000000..e91c804 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/prosa/sonstige_prosa/04_retter_des_theaters.html @@ -0,0 +1,93 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN" + "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd"> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Retter des Theaters</title> +</head> +<body> + +<h4>Retter des Theaters</h4> + +<p> +Die Theater sollten aufhören, den Kinos Konkurrenz zu +machen. Sie erreichen dadurch – freut euch, Theaterfreunde – +das Gegenteil von dem, was sie wollen: Sie krepieren.</p> + +<p> +Am besten erhalten sich diejenigen Theaterbetriebe, die dem +Kino nicht das geringste einräumen: Weder in der Auswahl der +Stücke Konzessionen machen, noch in dem Rahmen. Dies ist +erklärlich. Was die Kinos – nachgebend den Instinkten der +Menge – bieten, werden die Theater in derselben Masse und +Fülle niemals produzieren können, gebunden an ihre +Schranken. Das Publikum bemerkt kopfschüttelnd das hilflose +Bemühen. Und läuft in die Kinos. Denn was das Publikum an +das Theater fesseln sollte: Die Kunst, wird zumeist +schandhaft vernachlässigt. (Wie wenn Filzhutfabrikanten den +Einfall hätten, zu einer Zeit, wo allgemein Strohhüte +getragen werden, Filzhüte in Form und Farbe von Strohhüten +auf den Markt zu bringen.)</p> + +<p> +Bevor die Kinos kamen, waren die vielen »Theater« minderen +Ranges die bei weitem größere Gefahr des Theaters. +Charakteristischerweise sind durch die Kinos Institute +dieser Art am meisten bedroht. Einige werden durch die +Geschicklichkeit ihrer Direktoren oder durch andere Zufälle +noch eine Weile erhalten bleiben. Unzweifelhaft ist das +»Aussterben« der minderwertigen Theaterbetriebe binnen +kurzer Zeit. Das Publikum, das an derlei Geschmack fand, hat +im Kino erheblich üppigeren Ersatz: Mord und Totschlag in +Hülle und Fülle. Komik bis zum Platzen. Fett aufgemachte +Rührung. Und der Kinomime mit seinen faustdicken +Unterstreichungen – etwa in einer tragischen, bunt +kolorierten Ehebruchsgeschichte (in historischen Trachten) – +übertrifft den Schmieren-Hamlet bedeutend an +herzergreifender Wirkung.</p> + +<p> +Die Theater, die sich erhalten wollen, sind gezwungen, sich +wieder auf sich zu besinnen. Die Direktoren müssen reine +Schauspielkunst pflegen. Die Schauspieler – im Gegensatz zu +den »Filmern«, besser »Kinistern« oder »Kinikern« –, um +ihren Ruf zu wahren, alle Mätzchen und Scherze fallen +lassen. Das Publikum, das trotz des Kinos in die Theater +geht, ist anspruchsvoll und läßt sich nichts vormachen.</p> + +<p> +Es können nicht genug Kinos entstehen. Ich würde +kulturpolizeilich verordnen, daß in jeder Straße ein halbes +Dutzend aufgemacht werde.<br /> +Je mehr die Menschen sich in die Kinos stürzen, desto eher +wird ein Teil des Schwindels überdrüssig werden. Von den +Hunderttausenden, die Kinos bevölkern, werden jährlich +einige Hundert sich wieder zum Theater bekehren.</p> + +<p> +Die Zahl der Theater wird in Zukunft geringer sein, aber +ihre Qualität durchschnittlich unverhältnismäßig besser. Die +unfähigen Direktoren, Dramaturgen, sonstigen Krachleute, die +bisher am Theater schma-rotzten, werden im Kinobetrieb einen +geeigneteren Ort für ihre Fähigkeiten entdecken. Die vielen +mittelmäßigen und schlechten Schauspieler, die jetzt noch +allerorten die Preise drücken und den Weg versperren, können +vorzügliche Kiniker werden. Ein talentierter Schuster wird +künftig nicht in die Theaterschule, sondern in die +Kinoschule gehen. Lispeler, Schiefe, Bucklige, Stumme, +ähnliche Defizitmimiker werden ihre persönliche Note +leichter und glücklicher am Kino austoben können.</p> + +<p> +(Das Kino der unbegrenzten Möglichkeiten …)</p> + +<p> +Aber – das Theater wird, dank dem Kino freigeworden von +hemmendem Ballast und ungünstigen Einflüssen, zurückkehren +<span class="spaced">müssen</span>: Zur heiligen Schauspielkunst.</p> + +</body> +</html> |