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diff --git a/OEBPS/Text/05_die_nordsee/01_erster_cyklus/04.html b/OEBPS/Text/05_die_nordsee/01_erster_cyklus/04.html new file mode 100644 index 0000000..8e5c70c --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/05_die_nordsee/01_erster_cyklus/04.html @@ -0,0 +1,102 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN" + "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd"> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>IV. Die Nacht am Strande.</title> +</head> + +<body> +<h4>IV.</h4> +<h5>Die Nacht am Strande.</h5> + +<p> +Sternlos und kalt ist die Nacht,<br /> +Es gährt das Meer;<br /> +Und über dem Meer', platt auf dem Bauch,<br /> +Liegt der ungestaltete Nordwind,<br /> +Und heimlich, mit ächzend gedämpfter Stimme,<br /> +Wie'n störriger Griesgram, der gutgelaunt wird,<br /> +Schwatzt er in's Wasser hinein,<br /> +Und erzählt viel tolle Geschichten,<br /> +Riesenmährchen, todtschlaglaunig,<br /> +Uralte Sagen aus Norweg,<br /> +Und dazwischen, weitschallend, lacht er und heult er<br /> +Beschwörungslieder der Edda,<br /> +Graue Runensprüche,<br /> +So dunkeltrotzig und zaubergewaltig,<br /> +Daß die weißen Meerkinder<br /> +Hochaufspringen und jauchzen,<br /> +Uebermuth-berauscht. +</p> +<p> +Derweilen, am flachen Gestade,<br /> +Ueber den fluthbefeuchteten Sand,<br /> +Schreitet ein Fremdling, mit einem Herzen,<br /> +Das wilder noch als Wind und Wellen;<br /> +Wo es hintritt,<br /> +Sprühen Funken und knistern die Muscheln,<br /> +Und er hüllt sich fest in den grauen Mantel,<br /> +Und schreitet rasch durch die wehende Nacht;<br /> +Sicher geleitet vom kleinen Lichte,<br /> +Das lockend und lieblich schimmert<br /> +Aus einsamer Fischerhütte. +</p> +<p> +Vater und Bruder sind auf der See,<br /> +Und mutterseelallein blieb dort<br /> +In der Hütte die Fischertochter,<br /> +Die wunderschöne Fischertochter.<br /> +Am Heerde sitzt sie<br /> +Und horcht auf des Wasserkessels<br /> +Ahnungssüßes, heimliches Summen,<br /> +Und schüttet knisterndes Reisig in's Feuer,<br /> +Und bläßt hinein,<br /> +Daß die flackernd rothen Lichter<br /> +Zauberlieblich wiederstrahlen<br /> +Auf das blühende Antlitz,<br /> +Auf die zarte, weiße Schulter,<br /> +Die rührend hervorlauscht +</p> +<p> +Aus dem groben, grauen Hemde,<br /> +Und auf die kleine, sorgsame Hand,<br /> +Die das Unterröckchen fester bindet<br /> +Um die feine Hüfte. +</p> +<p> +Aber plötzlich, die Thür springt auf,<br /> +Und es tritt herein der nächtige Fremdling;<br /> +Liebesicher ruht sein Auge<br /> +Auf dem weißen, schlanken Mädchen,<br /> +Das schauernd vor ihm steht,<br /> +Gleich einer erschrockenen Lilie;<br /> +Und er wirft den Mantel zur Erde,<br /> +Und lacht und spricht: +</p> +<p> +Siehst du, mein Kind, ich halte Wort,<br /> +Und ich komme, und mit mir kommt<br /> +Die alte Zeit, wo die Götter des Himmels<br /> +Niederstiegen zu Töchtern der Menschen,<br /> +Und die Töchter der Menschen umarmten,<br /> +Und mit ihnen zeugten<br /> +Zeptertragende Königsgeschlechter<br /> +Und Helden, Wunder der Welt.<br /> +Doch staune, mein Kind, nicht länger<br /> +Ob meiner Göttlichkeit,<br /> +Und ich bitte dich, koche mir Thee mit Rum, +</p> +<p> +Denn draußen war's kalt,<br /> +Und bei solcher Nachtluft<br /> +Frieren auch wir, wir ewigen Götter,<br /> +Und kriegen wir leicht den göttlichsten Schnupfen,<br /> +Und einen unsterblichen Husten. +</p> + +</body> +</html> |