diff options
Diffstat (limited to 'OEBPS/Text/05_die_nordsee/02_zweiter_cyklus/06.html')
-rw-r--r-- | OEBPS/Text/05_die_nordsee/02_zweiter_cyklus/06.html | 134 |
1 files changed, 134 insertions, 0 deletions
diff --git a/OEBPS/Text/05_die_nordsee/02_zweiter_cyklus/06.html b/OEBPS/Text/05_die_nordsee/02_zweiter_cyklus/06.html new file mode 100644 index 0000000..5b6020f --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/05_die_nordsee/02_zweiter_cyklus/06.html @@ -0,0 +1,134 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN" + "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd"> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>VI. Die Götter Griechenlands.</title> +</head> + +<body> +<h4>VI.</h4> +<h5>Die Götter Griechenlands.</h5> + +<p> +Vollblühender Mond! In deinem Licht,<br /> +Wie fließendes Gold, erglänzt das Meer;<br /> +Wie Tagesklarheit, doch dämm'rig verzaubert,<br /> +Liegt's über der weiten Strandesfläche;<br /> +Und am hellblau'n sternlosen Himmel<br /> +Schweben die weißen Wolken,<br /> +Wie kolossale Götterbilder<br /> +Von leuchtendem Marmor. +</p> +<p> +Nein, nimmermehr, das sind keine Wolken!<br /> +Das sind sie selber, die Götter von Hellas,<br /> +Die einst so freudig die Welt beherrschten,<br /> +Doch jetzt, verdrängt und verstorben,<br /> +Als ungeheure Gespenster dahinziehn<br /> +Am mitternächtlichen Himmel +</p> + +<p> +Staunend, und seltsam geblendet, betracht' ich<br /> +Das luftige Pantheon,<br /> +Die feierlich stummen, grau'nhaft bewegten<br /> +Riesengestalten.<br /> +Der dort ist Kronion, der Himmelskönig,<br /> +Schneeweiß sind die Locken des Haupts,<br /> +Die berühmten, olymposerschütternden Locken.<br /> +Er hält in der Hand den erloschenen Blitz,<br /> +In seinem Gesichte liegt Unglück und Gram,<br /> +Und doch noch immer der alte Stolz.<br /> +Das waren bessere Zeiten, o Zeus,<br /> +Als du dich himmlisch ergötztest<br /> +An Knaben und Nymphen und Hekatomben!<br /> +Doch auch die Götter regieren nicht ewig,<br /> +Die jungen verdrängen die alten,<br /> +Wie du einst selber den greisen Vater<br /> +Und deine Titanen-Oehme verdrängt,<br /> +Jupiter Parricida!<br /> +Auch dich erkenn' ich, stolze Here!<br /> +Trotz all deiner eifersüchtigen Angst,<br /> +Hat doch eine andre das Zepter gewonnen,<br /> +Und du bist nicht mehr die Himmelskön'gin,<br /> +Und dein großes Aug' ist erstarrt,<br /> +Und deine Lilienarme sind kraftlos,<br /> +Und nimmermehr trifft deine Rache<br /> +Die gottbefruchtete Jungfrau<br /> +Und den wunderthätigen Gottessohn. +</p> +<p> +Auch dich erkenn' ich, Pallas Athene!<br /> +Mit Schild und Weisheit konntest du nicht<br /> +Abwehren das Götterverderben?<br /> +Auch dich erkenn' ich, auch dich, Aphrodite,<br /> +Einst die goldene! jetzt die silberne!<br /> +Zwar schmückt dich noch immer des Gürtels Liebreiz;<br /> +Doch graut mir heimlich vor deiner Schönheit,<br /> +Und wollt' mich beglücken dein gütiger Leib,<br /> +Wie andre Helden, ich stürbe vor Angst;<br /> +Als Leichengöttin erscheinst du mir,<br /> +Venus Libitina!<br /> +Nicht mehr mit Liebe schaut nach dir,<br /> +Dort, der schreckliche Ares.<br /> +Es schaut so traurig Phöbos Apollo,<br /> +Der Jüngling. Es schweigt seine Lei'r,<br /> +Die so freudig erklungen beim Göttermahl.<br /> +Noch trauriger schaut Hephaistos,<br /> +Und wahrlich, der Hinkende! nimmermehr<br /> +Fällt er Hebe'n in's Amt,<br /> +Und schenkt geschäftig, in der Versammlung,<br /> +Den lieblichen Nektar – Und längst ist erloschen<br /> +Das unauslöschliche Göttergelächter. +</p> +<p> +Ich hab' Euch niemals geliebt, Ihr Götter!<br /> +Denn widerwärtig sind mir die Griechen,<br /> +Und gar die Römer sind mir verhaßt. +</p> +<p> +Doch heil'ges Erbarmen und schauriges Mitleid<br /> +Durchströmt mein Herz,<br /> +Wenn ich Euch jetzt da droben schaue,<br /> +Verlassene Götter,<br /> +Todte, nachtwandelnde Schatten,<br /> +Nebelschwache, die der Wind verscheucht –<br /> +Und wenn ich bedenke, wie feig und windig<br /> +Die Götter sind, die Euch besiegten,<br /> +Die neuen, herrschenden, tristen Götter.<br /> +Die Schadenfrohen im Schafspelz der Demuth –<br /> +O da faßt mich ein düsterer Groll,<br /> +Und brechen möcht' ich die neuen Tempel,<br /> +Und kämpfen für Euch, Ihr alten Götter,<br /> +Für Euch und Eu'r gutes, ambrosisches Recht,<br /> +Und vor Euren hohen Altären,<br /> +Den wiedergebauten, den opferdampfenden<br /> +Möcht' ich selber knien und beten,<br /> +Und flehend die Arme erheben – +</p> +<p> +Denn, immerhin, Ihr alten Götter,<br /> +Habt Ihr's auch eh'mals, in Kämpfen der Menschen,<br /> +Stets mit der Parthei der Sieger gehalten,<br /> +So ist doch der Mensch großmüth'ger als Ihr,<br /> +Und in Götterkämpfen halt' ich es jetzt<br /> +Mit der Parthei der besiegten Götter. +</p> +<p> +Also sprach ich, und sichtbar errötheten<br /> +Droben die blassen Wolkengestalten,<br /> +Und schauten mich an wie Sterbende,<br /> +Schmerzenverklärt, und schwanden plötzlich.<br /> +Der Mond verbarg sich eben<br /> +Hinter Gewölk, das dunkler heranzog;<br /> +Hochauf rauschte das Meer,<br /> +Und siegreich traten hervor am Himmel<br /> +Die ewigen Sterne. +</p> + +</body> +</html> |