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author | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2020-03-04 15:42:43 +0100 |
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committer | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2020-03-04 15:42:43 +0100 |
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-rw-r--r-- | OEBPS/Text/09.html | 122 |
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diff --git a/OEBPS/Text/09.html b/OEBPS/Text/09.html new file mode 100644 index 0000000..d7e7337 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/09.html @@ -0,0 +1,122 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN" + "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd"> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + + <title>Italien</title> +</head> + +<body> + <h1 id="toc_id_11">Italien</h1> + + <h2 class="not_in_toc">I</h2> + + <p>Laß ab mit Gesten trauriger Poeten<br /> + In Reim und Wohllaut sinnig zu verklingen,<br /> + Du brauchst auch nicht als schlauster der Propheten<br /> + Probleme lösend, nach Erlösung ringen.</p> + + <p>Hier spreizen sich die keck zum Dom verpraßten<br /> + Rundbogen, Mosaiken, Marmorquasten.<br /> + Venedigs Lüfte kitzeln deine Haut.</p> + + <p>Auf Säulchen tronen hier Geflügelgreife.<br /> + Steinerne Löwen heben ihre Schweife.<br /> + Ein Dampfer kommt und raucht und tutet laut.</p> + + <p>Und leise staunend gondle durch die Buntheit,<br /> + Nur noch zu sanften Räuschen der Gesundheit<br /> + Sahst du am Ligo tausend Weiber nackt?</p> + + <p>O, lobe die Lagunen, die so stinken,<br /> + In süße Tage wirst du bald versinken<br /> + Vergnügt, Genießer, oft befrackt.</p> + + <h2 class="not_in_toc">II</h2> + + <p>So ward er klug und hat sich tief entzückt<br /> + An jedem Dinge, das ihn angeblickt.</p> + + <p>An jedem Hauch, der ihn aus Gärten anweht,<br /> + An jedem Heldengauch, der ihn nichts angeht.</p> + + <p>Am weißen Tag und purpurnen Geweben,<br /> + Und Bildern keusch und bunt, an Dunst und Tal,<br /> + An wilden Kirchen, wo die Engel schweben,<br /> + Am festgefügten schweigenden Portal!</p> + + <p>Nun steht er da auf einem breiten Platze,<br /> + Und weiß nicht mehr; zu welchem Wunder wandern.<br /> + Die Häuser prunken eines wie die andern,<br /> + Die Sonne glüht als fette Feuerglatze.</p> + + <p>Ja, hätt' ich Feinde zu endlosen Kämpfen,<br /> + Ließe mein Haß mich viele Straßen gehen.<br /> + Hat nicht den Teufel mit den Schwefeldämpfen<br /> + Sich Gott zum Zeitvertreib einst angestellt?</p> + + <p>Er steht und grübelt, seine Sinne flehen:<br /> + Entdecke dir die Häßlichkeit der Welt.</p> + + <h2 class="not_in_toc">III</h2> + + <p>Doch ein Palast stand huldvoll in Florenz,<br /> + Er hob sich starr in steile Sonnengluten<br /> + Mit reichem runden, steinernen Gekränz,<br /> + Sein Tor verzierten wuchtige Voluten.</p> + + <p>Er sprach: »O Mensch! du weißt doch, was wir lehren!<br /> + Gebildeter! schon Goethe hat erkannt es:<br /> + Wer wird das Leben unnütz sich erschweren!<br /> + Man stell sich auf und sei was imposantes.</p> + + <p>Du aber liebst dir das Geabenteure,<br /> + Du blickst bedenklich selbst zur schönsten Zinnung.<br /> + Lockt dich der Hohn der Zweifel und das Neure?<br /> + An meinen Quadern scheitre deine Sinnung.</p> + + <p>Entschließe dich, auf Goethens Pfad zu schreiten<br /> + Mit Männertritt und würdig froh gelaunt!</p> + + <p>Sein weißer Schlafroch glänzt durch die Gezeiten.«<br /> + Sprach der Palast. Ich war nicht schlecht erstaunt.</p> + + <h2 class="not_in_toc">IV</h2> + + <p>Der Mittag kam mit Staub und sehr viel Hitze,<br /> + Ich tat mich langsam auf das Kanapee.<br /> + Nun liegst du da, du stilisierter Fritze,<br /> + Das ist bequemer als am Gardasee<br /> + Landschaft zu schlürfen, oder zu Firenze<br /> + Die Hallen Michelozzos, Frühlingstänze<br /> + Des Sandro Botticelli oder sowas.<br /> + Ach bleib, ach bleib, Genießer, ohne Ende,<br /> + Zu schnarchen hier, im Lustrevier des Sofas!</p> + + <p>Ich gähnte stolz. So stürze dich verwegen,<br /> + Toll, ja toll, mit jauchzendem Munde,<br /> + Den Kopf durch die Wände<br /> + Deinen gefährlichsten Wünschen entgegen.<br /> + So sprach zu mir die allerstillste Stunde.<br /> + Und kein Klavier, kein Baby hat<br /> + Geschrien im ganzen Haus.<br /> + Und die Sonne, die Sonne lag über der Stadt,<br /> + Und brütete Wanzen aus.</p> + + <h2 class="not_in_toc">V</h2> + + <p>So waren wir auch in Italien Gäste,<br /> + Und haben dort so manchen Tag verschlafen.<br /> + Wir tranken Wein in Kinematographen,<br /> + Und krochen durch die Gärten und Paläste.</p> + + <p>Und gaben manchmal uns den ungestümen<br /> + Façaden hin, Gewölben und Kapellen,<br /> + Schlanken Pilastern und den ungetümen<br /> + Und dicken süßen Leibern in Bordellen.</p> +</body> +</html> |