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diff --git a/OEBPS/Text/05.xhtml b/OEBPS/Text/05.xhtml new file mode 100644 index 0000000..debdd92 --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/05.xhtml @@ -0,0 +1,117 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8"?> +<!DOCTYPE html> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>...liner Roma... - 5.</title> +</head> +<body> + +<div class="prose"> + + <h3 class="center">5.</h3> + +<p class="intro"> +Cabaret „Rosiger Kürbis“, Fasanenstraße, Treffpunkt der +eleganten Lebewelt, Austern, Sekt, erstklassige Weine, +tadellose Bedienung, diskrete Musik, hochkünstlerische +Darbietungen: Bia Tartuffe (Gazetänze), Fedora Sill (Lieder +einer Verseuchten), Bläschens Revoluzzerhüpfl (urkomisch).</p> + +<p class="clearb"> +Selbst überfleißige Vorgesetzte dürfen von Untergebenen +keinen Überfleiß verlangen. Und mürrisches Wesen läßt sich +durch Arbeitsüberfülle erklären, aber nicht entschuldigen. +Doch wie sollten Leute das einsehen, die nach der +alltäglichen Arbeit ohne Buch und ohne ungelöste Frage +schlafen gehen. Leute, die keine herbe Freundschaft +ertragen, also nur mit Lohndienern verkehren. – Der Frau +Purmann laufen alle Dienstmädchen davon. Unzuverlässiges, +anspruchsvolles, undankbares Pack. So hält Elfchen die große +Wohnung und den komfortablen Haushalt eigenhändig in +mustergültiger Ordnung, hantiert geschickt, nervös und emsig +von früh bis spät herum. – Heinz Purmann, Immobilien und +Hypotheken. Hochkonjunktur. Häuser werden jetzt unbesehen +telephonisch gekauft und der Chef: „mein armer Mann arbeitet +sich zuschanden. Er ist so gut. Und er gönnt sich nicht...“ +Nein, er gönnt sich nie die Zeit, um auch nur einmal +nachzuprüfen: Was tust du? Wie? Wozu? Was tun andere? Ist +der Vorteil des einen etwa der Nachteil des andern? Ließe +sich das innere Gewissen vielleicht nach dem äußeren Erfolg +bemessen? – Es stünde einem abhängigen Dichterling übel an, +seine um 30 Jahre älteren Mäzene belehren oder tadeln zu +wollen. – Als Elfchen Gustaven öffnet, prüft sie gleich +seinen Anzug, bürstet seinen Rücken ab. Denn außer +Henkelchen ist noch ein altes Frauchen zu Besuch erschienen. +Gustav streicht sich vorm Spiegel die Haare glatt, was einem +Versprechen gleicht, sich recht unkünstlerisch, recht solid +und bescheiden zu geben. Welche Zeit! Dieses Berlin! Wo sind +die alten Handwerker hin, die treuen Briefträger, die +freundlichen Schaffner! Täglich Einbrüche, Mord und +Totschlag! Keinem Herrn fällt es mehr ein, seinen Platz +einer Dame zu überlassen. Und ein Gesindel treibt sich +umher! Am schamlosesten treiben es die Weiber! Aber gar erst +damals, als die Menschen gegen Menschen rasten und soviel +Unschuldige getötet wurden, Elfchen hat während der ganzen +grauenhaften Kämpfe stundenlang ganz verlassen allein in der +großen einsamen unbewachten Wohnung gesessen und bei jedem +Schuß gezittert und stundenlang geweint. Sie weint jetzt in +Erinnerung dessen wieder. – Ach, Heinz ließ sich ja nicht +vom Geschäft zurückhalten. Er hat kein Verständnis. Kann so +lieblos sein, kümmert sich tagelang nicht um sie. Fragt nie: +Hast du Kopfweh, Halsschmerzen, Leibschmerzen, Migräne, +Fußleiden, Gelenkentzündung, Sehnenerweiterung, +Gerstenkörner? – Und nun tröpfelt der Honig .. Kunsthonig .. +hernieder, der Elfchens armseliges bitteres Leben versüßt, +für den sie lebt. „Ach, liebstes Elfchen, das halten Ihre +Nerven nicht aus. Sie müssen ein paar Wochen nach Tirol“. – +– Ich kann ja nicht. Wer soll denn für Heinz sorgen? Er ist +ja wie ein Kind und rackert sich ab wie ein Lastpferd. Und +ist so dankbar. Freilich sehr verwöhnt... – „Nein, wie Sie +es nur möglich machen, Frau Elfchen!“ „An alles denken Sie, +trotz der Hüftschmerzen. Und immer rührend besorgt, andere +zu erfreuen. Da mag Ihr Pflegebefohlener, Herr Gastein, sich +wohl verwöhnen lassen!“ – Herr Gastein erwacht bestätigend. +Er hatte darüber nachgesonnen, ob sechs Liter dünnen Kaffees +in drei Weiberbäuchen, beim Gehen ein plätscherndes Geräusch +erzeugen. – Die Danaergeschenke für die scheidenden Gäste +stehen bereit. Selbstgebackenes und ein paar Kragen, die dem +Heinz zu eng sind, aber für den Bräutigam von der Schwester +von Henkelchens Obsthändlerin immerhin .. Elfchen holt +vielgereiste Packpapiere hervor und zieht eine Schublade +auf, darin tausend oftbewährte Schnürchen und Bindfäden +unheilbare Darmverschlingung spielen. – Spät kehrt im +Pelzmantel Herr Purmann stattlich heim, grüßt Gustaven +königlich herzlich, läßt sich müde von Elfchen ein Bad +herrichten und zwei Mitesser aus der Nase drücken, ißt +wortkarg von der auserlesenen Abendmahlzeit und nickt wenig +überzeugt, als Gustav anfängt zu berichten, was er für neue +Schritte unternommen habe. Um endlich einmal eine feste +Anstellung, irgendeine anständige, geregelte Tätigkeit zu +erlangen, denn das Dichten mag ja nebenbei recht... Elfchen +legt ein großes Wort für Gustaven ein. Herr Purmann entnimmt +seiner blühenden Brieftasche eine königliche Kleinigkeit und +ist so taktvoll, sein Gute Nacht möglichst heiter zu +wünschen. Denn innerlich sinkt seine Achtung, sowie sein +Mitleid aufsteigt. – Während er badet, traktiert Elfchen +Gustaven mit + +<img class="center" src="../Images/05.png" alt="Bild Kapitel 5"/> + +Süßwein und Schokolade und kaut. Und schon +lockert sich in Gustaven viel angesammelter verhärteter +Groll. Und weil Gütiges Gustaven geschwätzig macht, fängt er +an, kindlichen Unsinn zu reden, auf den sie lachend eingeht. +Das ist ihm die aufrichtigste Manier, sich mit ihr zu +unterhalten. – Wie aus Treibhausluft tritt er ins Freie – es +übermannt ihn wieder tieftraurig, daß er diesen +nächststehenden Menschen gegenüber seine reinsten Gedanken +in graue Lügen kleiden muß. – Wie sonderbar: Die waren +einmal jung. Wenn Frau Purmann ahnte, wie ihr heute der +Kosename Elfchen steht.</p> + +</div> +</body> +</html> |