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<title>...liner Roma... - 7.</title>
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<div class="prose">
<h3 class="center">7.</h3>
<p class="intro">
– – Mordkommission stellte Raubmord fest und beschlagnahmte
einen Regenschirm und einen Handkoffer, der modernstes
Einbrecherwerkzeug enthielt. Eine Belohnung von 10000 Mark
ist – –</p>
<p class="clearb">
Frau Grätke hat eben sein Bett geglättet, das genau ein
Viertel des Zimmers einnimmt, da bricht Besuch herein. Gussi
Feridell, Rostock, Warnemünde, einst tägliche, jetzt
auswärtige Freundin, eine Kunstgewerblerin, die nicht mehr
leidet, seit ihre drolligen Kaffeewärmer reißenden Absatz
finden. Sie stellt ihre Berliner Freundin vor, ein Fräulein
Anna von Camphusen. Auf der Durchreise begriffen, wird Gussi
fünf Tage bei Camphusens wohnen. – Wollen gnädiges Fräulein
bitte dort auf den weichen Stuhl... Der weiche Stuhl ist
Herrn Gasteins Salon. Gussi erhält den hölzernen,
dreiachtelbeinigen, und Gustav selbst will auf dem
Bibliotheks- und Speisesaal, nämlich einer großen
Palminkiste Platz nehmen. Aber es gelingt nicht. Erst müssen
die Damen noch für eine Minute das Zimmer verlassen, damit
er den Tisch umdrehen kann. – Feridell spricht noch wie die
Luftbläschen in dem Aquarium am Zoo. Wie es ihm ginge?...
Gut?... Na, na!... Ob er fleißig schaffe... Sie hat mit Anna
Einkäufe besorgt... Berlin ist gar nicht wiederzuerkennen...
Um 12 Uhr wird Mutter Camphusen beide mit eigener Equipage
abholen. Auch Gustav soll mitfahren. Er ist zu Tisch zu
Fabrikbesitzers geladen. – Ob er noch immer keine Frau
gefunden habe. – Er scherzt verlegen. Das schmutzige
Handtuch und zwei Aktstudien von Pfenninger lasten auf
seinem Gemüt. Und nun bedenkt er noch die selbstgewaschenen
Halsbinden am Bindfaden hinter dem Ofen. – Warum sie so
braun wären? – Ja, er hat Malheur gehabt. Er hat sie
zusammen mit Taschentüchern und braunen Strümpfen in
Sodalauge
<img class="center" src="../Images/07.png" alt="Bild Kapitel 7"/>
gekocht. – Merkwürdig, Fräulein von Camphusen
lacht kaum. Auch nicht über seine Winterfliege, Musca
Kehlbaumi, nach einem Freunde benannt, der sie dressieren
will. Aber einen hochmütigen oder prüden Eindruck macht Anna
eigentlich nicht. Sie scheint mehr verdutzt... Vielleicht
weltfremd. – Ob das Licht den ganzen Tag über brenne?
(Sollte ihr das elektrische Licht imponieren?) – Ja, den
ganzen Tag. Es gibt viele Wohnungen in Berlin, die jahraus,
jahrein niemals Tageslicht, geschweige denn Sonne haben. Und
wenn ihre Bewohner sich Sonntags mit einem Buch in den
Tiergarten setzen, dann haben sie Rivieragefühle. – Er läßt
sie aus dem Parterrefenster in den Hof blicken, den er so
lieb hat, obwohl es eigentlich nur ein steinerner, verrußter
Kamin ist. Aber aus dem Nachbarhofe ragen zwei Kastanienäste
herüber, der eine über Fensterhöhe; der spielt, wenn ein
Lüftchen weht, mit tausend grünen Fingern auf unsichtbaren
Klavieren. Den unteren Ast schützt eine Planke vorm Wind.
Seine gespreizten, geschichteten Blätter nehmen sich aus wie
ein Teppichmuster, das in die dritte Dimension spukt.
Manchmal nachmittags stellen sich fremde, große Frauen in
den Hof und singen ganz laut, ohne sich zu genieren, das
Lied: „Das Band zerrissen und du bist frei“, dann wirft man
Geldstücke in Papier gewickelt in den Hof hinunter. – All
das scheint Fräulein von Camphusen gar nicht zu rühren. – In
Gustavens Flucht von einem Zimmer verirrt man sich nicht. –
Frau Purmann hat einen großen Öldruck hineingestiftet, die
bekannte Reiterstatue, deren Namen man stets vergißt.
Midships im Zimmer steht der Kleiderschrank. Öffnet man
dessen Tür, so werden aus Gustavens einem Zimmer zwei
Zimmer. – Hohe gediegene Stiefel trägt Anna von Camphusen,
sie schmiegen sich glatt und sauber um die runden Beine. –
Was für Beine! So gediegene Beine! Aber sie könnte jetzt
doch einmal ein gutes Wort finden. Plötzlich träumt er von
einem gebatikten Lampenbehang, der an die aufregende bunte
Bühne auf einem Bilde von Weißgerber erinnert. – Gussi fragt
treulich: „Weißt du noch, wie wir morgens auf der
Anlegebrücke frühstückten?“ – Genau weiß ich's. Wir legten
die Butterbrotpapiere auf die Mole nieder, neugierig, was
der Wind mit ihnen anstellen würde. Manche trotzten. Andere
überschlugen sich zweimal und schliefen dann ein. Wieder
andere glitten schwankend, stockend vorwärts, wie eine
landende Krähe oder wie ein windentführter Regenschirm. Und
jenes eine, das nach langer Bedenkzeit auf einmal
unaufhaltsam davonrutschte und einem weißbehosten Popo
glich, und darauf nun das kleine, zerknautschte Papier
eifersüchtig hinterdrein kullerte... was haben wir gelacht?
Daß die wichtigen Zollbeamten über uns und wir wieder über
die Zollbeamten lachen mußten. – Auf Frau Grätke und die
Nachbarn wird die Equipage aber ihre Wirkung nicht
verfehlen. Für Gustaven ist es dieserzeit keine stolze
Wonne, durch Volk zu fahren. Er späht auch nicht etwa nach
Bekannten aus, die ihn zufällig bemerken und dann
weiterberichten möchten. Außerdem weiß der städtische
verkünstelte Geschmack Ledergeruch und Kommisstiefel
überhaupt nicht richtig zu würdigen. – Auch Frau von
Camphusen hat bei aller Liebenswürdigkeit jene sonderbare
Zurückhaltung an sich. Die Villa ist im Vorort gelegen, hat
Einfahrt, Vestibül und Etagen mit vielen Spezialräumen. Aber
die Bilder an den hohen Wänden weichen den Blicken aus. Der
auserlesene Wein macht Gustaven redefroh, bis er gewahrt,
daß Gussi und Anna seine wachsende Freimütigkeit besorgt
verfolgen. – Einmal, als der sympatische alte Herr Gustaven
zutrinkt, „es freue ihn stets, wenn ein
Vaterlandsverteidiger sich in seinem Hause wohlfühlt...“,
geht ein warmer Hauch durch den Speisesaal. Aber Gustav hat
Schnupfen und vergaß sein Schnupftuch. Und ins Gästebuch,
das man ihm vorlegte, schrieb er endlich: „Das Leben...“
(„ist“ wäre schon bedenklich viel behauptet). – Nun fragen
sie ihn, was das heißen soll. Camphusens tun recht daran, so
geradeaus zu leben und zu fragen. – In seiner Bude, die ihm
untertan und vertraut ist, legt Gustav den steifen Kragen ab
und vergräbt sich behaglich geborgen in sein Bett. Wenn er
hustet, brummt ein Geist in der Matratze mit. – Der
Wasserhahn überm Waschtisch hält nicht dicht. Der Gummi
taugt nichts. Deutschland ist ja heruntergekommen. Nun
tropft es die ganze Nacht hindurch tropf... tropf... als ob
jemand im Hofe Teppiche klopfe. Oder, wenn man noch fester
andreht, als ob draußen jemand vorbeiginge, der zum Bahnhof
will. Und schließt man mit äußerster Kraft, dann wird es ein
Schutzmann, der auf und ab geht. – Alle äußeren Sorgen
zerfielen mit eins, wenn sie seine Frau würde; in Ruhe
könnte er schreiben und Gutes tun und sie glücklich machen.
– Wieder fällt ihm der Lampenschirm ein und eine kluge,
nebenbei (sehr, sehr nebenbei) auch wohlhabende Frau, die
alles versteht, der man alles sagen kann. – Am Freitag wird
Gustav die Anna und die Gussi spazieren führen. Wird es auch
mit ihr so werden, wie es mit den andern war? Daß sie in
einer weichen Stunde dann seufzt: „Könnte ich dir doch etwas
sein!“ Und dann vollzieht sich allmählich kältend, stetig,
das Durchschauen. Sie hat nie einen eigenen Gedanken, nie
eine Überraschung. Oder ist sie nur Weib. Oder unordentlich.
– Das Durchschauen möglichst hinauszuschieben, darauf käme
es vielleicht an. Jenes reizvolle Fremdsein genießen wie
wunderstarre, kalte Sternennacht.</p>
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