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  <title>Prewald</title>
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<div class="chapter" id="Prewald">
<div class="dateline"><span class="right"><span class="spaced">Prewald</span>.</span></div>

<p> <span class="initial">V</span>on Laybach aus geht es nun
allmählich immer aufwärts, und man hat die hohe Bergspitze
des Loibels rechts hinter sich. Bey Oberlaybach, einem
ziemlich kleinen Städtchen, kommt die Laybach aus den
Bergen, und trägt gleich einige hundert Schritte von dem
Orte des Ausgangs, Fahrzeuge von sechzig Zentnern. Von hier
geht es immer höher bis nach Loitsch und so fort bis nach
Planina, das, wie der Name zeigt, in einer kleinen Ebene
ziemlich tief zwischen den rund umher emporsteigenden Bergen
liegt. Der Weg von Laybach bis Oberlaybach hat noch ziemlich
viel Kul<!-- pb n="71" facs="#f0097"/ -->tur; aber von
da wird er wild und rauh, und man trifft ausser den
Stationen bis nach Adlersberg wenig Häuser an. Hier in
Planina hatte das Wasser vielen Unfug gemacht. Es dringt
überall aus den Bergen hervor, und hat das ganze schöne Thal
zu einer ausserordentlichen Höhe überschwemmt, so dass die
Eichen desselben bis an die Aeste im Wasser stehen. Dieses
war noch nicht ganz fest gefroren, und man setzte auf
mehrern Fahrzeugen beständig über nach Planina. Der Fall ist
nicht selten in dieser Jahrszeit; aber dieses Mahl war die
Fluth ausserordentlich hoch. Die Hälfte von Planina auf der
andern Seite des Thals stand unter Wasser. Vorzüglich soll
die Fluth auch mit vermehrt werden durch den Bach von
Adlersberg, der dort bey der Schlosshöhle sich in die Felsen
stürzt, so einige Meilen unter der Erde fortschiesst und
hier in einer Schlucht wieder zum Vorschein kommt.</p>

<p>Von Planina aus windet sich der Weg in einer langen
Schneckenlinie den grossen Berg hinan, und giebt in mehrern
Punkten rückwärts sehr schöne Parthien, wie auch schon, wenn
ich nicht irre, Herr Küttner bemerkt hat. Mich däucht, dass
man ohne grossen Aufwand die Strasse in ziemlich gerader
Linie hinauf hätte ziehen können, die auch, mit gehörigen
Absätzen, eben nicht beschwerlich seyn würde. Ehrliche
Krainer hatten es hier und da schon mit ihren kleinen Wagen
gethan, und zu Fusse konnte man schon überall mit
Bequemlichkeit durchschneiden. Die Herrschaft Adlersberg
liegt oben auf der grössten Höhe, und ist nur von noch
höheren Bergspitzen umgeben. Der Schlossberg ist bey weitem
nicht der höch<!-- pb n="72" facs="#f0098"/ -->ste,
sondern nur der höchste in der Ebene, welche die Herrschaft
ausmacht. Von allen Seiten sammelt sich das Wasser und
bildet einen ziemlichen Fluss, der bey der Grotte am
Schlossberge nahe bey der Mühle, wie oben erwähnt worden
ist, in die Felsen stürzt. Ich wollte, wie Du denken kannst
die Höhle sehen, und es ward mir schwer einen Menschen zu
finden, der mich begleiten wollte. Endlich ging ein Mensch
von der Mauth mit mir, kaufte Fackel und Licht, und führte
mich weit weit zum Orte hinaus durch den tiefsten Schnee
immer waldeinwärts. Das ging eine starke halbe Stunde ohne
Bahn so fort, und der Mensch wusste sodann nicht mehr wo er
war, und suchte sich an den Felsenspitzen und Schluchten zu
orientieren. Wir arbeiteten noch eine halbe Stunde durch den
hohen Schnee, in dem dicksten Fichtenwalde, und keine
Grotte. Du begreifst, dass es mir etwas bedenklich ward, mit
einem wildfremden baumstarken Kerl so allein in den
Schluchten herum zu kriechen und in Krain eine Höhle zu
suchen: mich beruhigte aber, dass ich von dem öffentlichen
Kaffeehause in der Stadt vor Aller Augen mit ihm abgegangen
war. Ich sagte ihm, die Höhle müsse, wie ich gehört habe,
doch nahe an der Stadt am Schlossberge seyn, und er
antwortete, jene in der Nähe der Stadt solle ich auf dem
Rückwege sehen; aber diese entfernte sey die merkwürdigere.
Endlich kamen wir nach vielem Irren und Suchen, in noch
einer halben Stunde am Eingange der Höhle an. Dieser ist
romantisch wild und schauerlich in einem tiefen Kessel, rund
umher mit grossen Felsenstücken umgeben und
<!-- pb n="73" facs="#f0099"/ --> mit dem dichtesten
Schwarzwalde bewachsen. Hier zündeten wir in dem Gewölbe
halb am Tage die Fackel an und gingen in die Höhle hinein,
ungefähr eine Viertelstunde über verschiedene Felsenfälle,
sehr abschüssig immer bergab. Beym Hinabsteigen hörte ich
links in einer ungeheuern Tiefe einen Strom rauschen,
welches vermuthlich das Wasser ist, das bey der Stadt in den
Felsen fällt und bey Planina wieder heraus dringt. Wir
stiegen nicht ohne Gefahr noch einige hundert Schritte
weiter über ungeheuere eingestürzte Felsenstücke immer
bergab, und mein Führer sagte mir, weiter würde er nicht
gehen, er wisse nun keinen Weg mehr und die Fackel würde
sonst nicht den Rückweg dauern. Er mochte wohl nicht der
beste Wegweiser seyn. Aber die Fackel brannte wirklich in
der grossen Tiefe und vermuthlich in der Nähe von Dünsten
nur mit Mühe; wir stiegen also wieder heraus und förderten
uns bald zu Tage. Nun fand mein Begleiter den Weg rückwärts
nach der Stadt sehr leicht. Unterwegs erzählte er mir von
allen den vornehmen und grossen Personagen, die die Höhlen
gesehen hätten. Diese entferntere sähen nur wenige; und
unter diesen Wenigen nannte er vorzüglich den Prinzen
Konstantin von Russland. Mein Führer hatte den kürzesten Weg
nehmen wollen und hatte mich unbemerkt auf die hohen Felsen
über der Höhle am Schlosse gebracht, wo wir wie die Gemsen
hingen und mit Gefahr hinunter klettern mussten, wenn wir
nicht einen Umweg von einer halben Stunde machen wollten.
Einige Untenstehende riefen uns und zeigten uns die Pfade,
auf denen es möglich war hinunter zu
<!-- pb n="74" facs="#f0100"/ --> kommen. Nun standen wir am
Eingange der andern Grotte, wo sich der Fluss in den Felsen
hineinstürzt. Der Fluss nimmt sodann die Richtung ein wenig
links; der Weg in der Grotte geht ziemlich gerade fort
rechts. In einiger Entfernung vom Eingange erweitert sich
das Gewölbe, es wird sehr hoch und breit, man hört links den
Fluss wieder herauschen, und bald kommt man auf eine
natürliche Felsenbrücke über denselben mitten unter dem
Gewölbe. Hier thut die Flamme der Fackeln eine furchtbar
schöne Wirkung. Man hört das Wasser unter sich, und sieht
über sich und rund um sich die Nacht des hohen breiten
Gewölbes. Hier haben die Führer die Gewohnheit einige Bund
Stroh auf den Felsenwänden der Brücke anzuzünden, und hatten
diessmahl sehr reichlich zugetragen. Die magische
Beleuchtung der ganzen unterirdischen Brückenregion mit
ihrem schauerlichen Felsengewölbe, den grotesken
Felsenwänden und dem unten im Abgrunde rauschenden Strom
macht einen der schönsten Anblicke, deren ich mir bewusst
bin. Wenn der Strohhaufen fast verzehrt ist, stürzt man ihn
von der Brücke hinab in den Strom, und so sieht man ihn
unten in der Tiefe auf dem Wasserbette noch einige
Augenblicke fortglühen. Die plötzlich aufsteigende weite
Flammenhelle und die schnell zurückkehrende Finsterniss, wo
man bey dem schwachen Fackellichte nur einige Schritte
sieht, macht einen überraschenden Kontrast. Es hatten sich
einige gemeine Krainer zu uns gesellet, die gern die
Gelegenheit mitnehmen das schöne Schauspiel in der Grotte
wieder zu sehen, dabey ihre Geschichten aus<!-- pb n="75" facs="#f0101"/ -->zukramen 
und noch einige Groschen zu verdienen. Bis hierher sind die
Franzosen gekommen, sagten sie, als wir auf der Brücke
standen; aber weiter wagten sie sich nicht. Warum nicht?
fragte ich. Die Kerle zogen ein wichtiges Gesicht beym
Fackelschein und suchten den Muth der Franzmänner verdächtig
zu machen. Die Franzmänner mochten wohl andere Ursachen
haben. Sie waren höchst wahrscheinlich nicht zahlreich
genug, hatten draussen nicht gehörige Massregeln genommen
und besorgten in der grossen Tiefe der Höhle irgend ein
unterirdisches Abenteuer kriegerischer Natur. Ausserdem ist
nichts zu fürchten. Ich ging nun links am Flusse jenseit der
Brücke ungefähr noch einige hundert Schritte weiter fort;
dann aber mussten wir anfangen mit Lebensgefahr über die
Felsen am Wasser hinzuklettern. Mein Führer sagte, es sey
unmöglich weiter zu kommen. Das glaubte ich nun eben nicht:
aber es war Schwierigkeit und Gefahr; ich wollte den Weg im
Sonnenlichte weiter und wir krochen und wandelten zurück.
Die Bielshöhle bey Elbingerode hat mehr Verschiedenheit und
die benachbarte Baumannshöhle einige vielleicht eben so
grosse Parthien aufzuweisen; aber sie haben nichts
ähnliches, wie die furchtbare Höllenfahrt in der ersten und
der Fluss und die Brücke in der letztern sind. Die
Tropfsteine sind in den Harzhöhlen häufiger, grotesker und
schöner als hier. Zum Beweiss dass dieser Fluss das bey
Planina wieder heraus strömende Wasser sey, erzählte man
mir, man habe vor einiger Zeit hier bey dem Einsturz
ungefähr eine Metze Korke
<!-- pb n="76" facs="#f0102"/ --> hinein geworfen, und diese
seyen dort in der Bergschlucht wieder zum Vorschein
gekommen.</p>

<p>Hier sitze ich nun in Prewald, einer sehr hohen
Bergspitze gegen über und zittere vor Frost bis man mein
Zimmer heitzt. Die Höhle zu Lueg, einem Gute des Grafen
Kobenzl, habe ich nicht gesehen. Es thut mir leid; sie ist
wie bekannt vorzüglich. Mein Wirth in Adlersberg erzählte
mir abenteuerliche Dinge davon. Sie soll von dort vier
Stunden bis nach Wippach gegangen seyn, sey aber jetzt durch
ein Erdbeben sehr verschüttet. Küttner hat sie gesehen und
den Eingang abgebildet. Das Land ist rund umher voll von
dergleichen Höhlen, und wäre wohl der Bereisung eines
Geologen werth. Vor einigen Jahren bauete ein Landmann
Weitzen auf einem schönen Feldstriche am Abhange eines
Berges und erntete sehr reichlich; als er für das künftige
Jahr bestellen wollte, schoss der ganze Acker gegen zehn
Klafter tief herab, und es fand sich dass ein unterirdischer
Fluss unter demselben hingegangen war, und den Grund so
ausgewaschen hatte, dass er einstürzen musste. Auch soll in
einem See unweit Adlersberg eine noch ganz unbekannte Art
von Eydechsen hausen, von der man erst seit kurzem den
Naturkundigen einige Exemplare eingeschickt habe. Vor
einigen Jahren soll sogar ein Bauer ein Krokodil geschossen
haben. Das alles lasse ich indessen auf der Erzählung des
Herrn Merk in Laybach beruhen, der mir jedoch ein sehr
wahrhafter unterrichteter Mann zu seyn scheint.</p>

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