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authorPatrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc>2020-03-04 16:53:51 +0100
committerPatrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc>2020-03-04 16:53:51 +0100
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+
+<div class="chapter" id="Prewald">
+<div class="dateline"><span class="right"><span class="spaced">Prewald</span>.</span></div>
+
+<p> <span class="initial">V</span>on Laybach aus geht es nun
+allmählich immer aufwärts, und man hat die hohe Bergspitze
+des Loibels rechts hinter sich. Bey Oberlaybach, einem
+ziemlich kleinen Städtchen, kommt die Laybach aus den
+Bergen, und trägt gleich einige hundert Schritte von dem
+Orte des Ausgangs, Fahrzeuge von sechzig Zentnern. Von hier
+geht es immer höher bis nach Loitsch und so fort bis nach
+Planina, das, wie der Name zeigt, in einer kleinen Ebene
+ziemlich tief zwischen den rund umher emporsteigenden Bergen
+liegt. Der Weg von Laybach bis Oberlaybach hat noch ziemlich
+viel Kul<!-- pb n="71" facs="#f0097"/ -->tur; aber von
+da wird er wild und rauh, und man trifft ausser den
+Stationen bis nach Adlersberg wenig Häuser an. Hier in
+Planina hatte das Wasser vielen Unfug gemacht. Es dringt
+überall aus den Bergen hervor, und hat das ganze schöne Thal
+zu einer ausserordentlichen Höhe überschwemmt, so dass die
+Eichen desselben bis an die Aeste im Wasser stehen. Dieses
+war noch nicht ganz fest gefroren, und man setzte auf
+mehrern Fahrzeugen beständig über nach Planina. Der Fall ist
+nicht selten in dieser Jahrszeit; aber dieses Mahl war die
+Fluth ausserordentlich hoch. Die Hälfte von Planina auf der
+andern Seite des Thals stand unter Wasser. Vorzüglich soll
+die Fluth auch mit vermehrt werden durch den Bach von
+Adlersberg, der dort bey der Schlosshöhle sich in die Felsen
+stürzt, so einige Meilen unter der Erde fortschiesst und
+hier in einer Schlucht wieder zum Vorschein kommt.</p>
+
+<p>Von Planina aus windet sich der Weg in einer langen
+Schneckenlinie den grossen Berg hinan, und giebt in mehrern
+Punkten rückwärts sehr schöne Parthien, wie auch schon, wenn
+ich nicht irre, Herr Küttner bemerkt hat. Mich däucht, dass
+man ohne grossen Aufwand die Strasse in ziemlich gerader
+Linie hinauf hätte ziehen können, die auch, mit gehörigen
+Absätzen, eben nicht beschwerlich seyn würde. Ehrliche
+Krainer hatten es hier und da schon mit ihren kleinen Wagen
+gethan, und zu Fusse konnte man schon überall mit
+Bequemlichkeit durchschneiden. Die Herrschaft Adlersberg
+liegt oben auf der grössten Höhe, und ist nur von noch
+höheren Bergspitzen umgeben. Der Schlossberg ist bey weitem
+nicht der höch<!-- pb n="72" facs="#f0098"/ -->ste,
+sondern nur der höchste in der Ebene, welche die Herrschaft
+ausmacht. Von allen Seiten sammelt sich das Wasser und
+bildet einen ziemlichen Fluss, der bey der Grotte am
+Schlossberge nahe bey der Mühle, wie oben erwähnt worden
+ist, in die Felsen stürzt. Ich wollte, wie Du denken kannst
+die Höhle sehen, und es ward mir schwer einen Menschen zu
+finden, der mich begleiten wollte. Endlich ging ein Mensch
+von der Mauth mit mir, kaufte Fackel und Licht, und führte
+mich weit weit zum Orte hinaus durch den tiefsten Schnee
+immer waldeinwärts. Das ging eine starke halbe Stunde ohne
+Bahn so fort, und der Mensch wusste sodann nicht mehr wo er
+war, und suchte sich an den Felsenspitzen und Schluchten zu
+orientieren. Wir arbeiteten noch eine halbe Stunde durch den
+hohen Schnee, in dem dicksten Fichtenwalde, und keine
+Grotte. Du begreifst, dass es mir etwas bedenklich ward, mit
+einem wildfremden baumstarken Kerl so allein in den
+Schluchten herum zu kriechen und in Krain eine Höhle zu
+suchen: mich beruhigte aber, dass ich von dem öffentlichen
+Kaffeehause in der Stadt vor Aller Augen mit ihm abgegangen
+war. Ich sagte ihm, die Höhle müsse, wie ich gehört habe,
+doch nahe an der Stadt am Schlossberge seyn, und er
+antwortete, jene in der Nähe der Stadt solle ich auf dem
+Rückwege sehen; aber diese entfernte sey die merkwürdigere.
+Endlich kamen wir nach vielem Irren und Suchen, in noch
+einer halben Stunde am Eingange der Höhle an. Dieser ist
+romantisch wild und schauerlich in einem tiefen Kessel, rund
+umher mit grossen Felsenstücken umgeben und
+<!-- pb n="73" facs="#f0099"/ --> mit dem dichtesten
+Schwarzwalde bewachsen. Hier zündeten wir in dem Gewölbe
+halb am Tage die Fackel an und gingen in die Höhle hinein,
+ungefähr eine Viertelstunde über verschiedene Felsenfälle,
+sehr abschüssig immer bergab. Beym Hinabsteigen hörte ich
+links in einer ungeheuern Tiefe einen Strom rauschen,
+welches vermuthlich das Wasser ist, das bey der Stadt in den
+Felsen fällt und bey Planina wieder heraus dringt. Wir
+stiegen nicht ohne Gefahr noch einige hundert Schritte
+weiter über ungeheuere eingestürzte Felsenstücke immer
+bergab, und mein Führer sagte mir, weiter würde er nicht
+gehen, er wisse nun keinen Weg mehr und die Fackel würde
+sonst nicht den Rückweg dauern. Er mochte wohl nicht der
+beste Wegweiser seyn. Aber die Fackel brannte wirklich in
+der grossen Tiefe und vermuthlich in der Nähe von Dünsten
+nur mit Mühe; wir stiegen also wieder heraus und förderten
+uns bald zu Tage. Nun fand mein Begleiter den Weg rückwärts
+nach der Stadt sehr leicht. Unterwegs erzählte er mir von
+allen den vornehmen und grossen Personagen, die die Höhlen
+gesehen hätten. Diese entferntere sähen nur wenige; und
+unter diesen Wenigen nannte er vorzüglich den Prinzen
+Konstantin von Russland. Mein Führer hatte den kürzesten Weg
+nehmen wollen und hatte mich unbemerkt auf die hohen Felsen
+über der Höhle am Schlosse gebracht, wo wir wie die Gemsen
+hingen und mit Gefahr hinunter klettern mussten, wenn wir
+nicht einen Umweg von einer halben Stunde machen wollten.
+Einige Untenstehende riefen uns und zeigten uns die Pfade,
+auf denen es möglich war hinunter zu
+<!-- pb n="74" facs="#f0100"/ --> kommen. Nun standen wir am
+Eingange der andern Grotte, wo sich der Fluss in den Felsen
+hineinstürzt. Der Fluss nimmt sodann die Richtung ein wenig
+links; der Weg in der Grotte geht ziemlich gerade fort
+rechts. In einiger Entfernung vom Eingange erweitert sich
+das Gewölbe, es wird sehr hoch und breit, man hört links den
+Fluss wieder herauschen, und bald kommt man auf eine
+natürliche Felsenbrücke über denselben mitten unter dem
+Gewölbe. Hier thut die Flamme der Fackeln eine furchtbar
+schöne Wirkung. Man hört das Wasser unter sich, und sieht
+über sich und rund um sich die Nacht des hohen breiten
+Gewölbes. Hier haben die Führer die Gewohnheit einige Bund
+Stroh auf den Felsenwänden der Brücke anzuzünden, und hatten
+diessmahl sehr reichlich zugetragen. Die magische
+Beleuchtung der ganzen unterirdischen Brückenregion mit
+ihrem schauerlichen Felsengewölbe, den grotesken
+Felsenwänden und dem unten im Abgrunde rauschenden Strom
+macht einen der schönsten Anblicke, deren ich mir bewusst
+bin. Wenn der Strohhaufen fast verzehrt ist, stürzt man ihn
+von der Brücke hinab in den Strom, und so sieht man ihn
+unten in der Tiefe auf dem Wasserbette noch einige
+Augenblicke fortglühen. Die plötzlich aufsteigende weite
+Flammenhelle und die schnell zurückkehrende Finsterniss, wo
+man bey dem schwachen Fackellichte nur einige Schritte
+sieht, macht einen überraschenden Kontrast. Es hatten sich
+einige gemeine Krainer zu uns gesellet, die gern die
+Gelegenheit mitnehmen das schöne Schauspiel in der Grotte
+wieder zu sehen, dabey ihre Geschichten aus<!-- pb n="75" facs="#f0101"/ -->zukramen
+und noch einige Groschen zu verdienen. Bis hierher sind die
+Franzosen gekommen, sagten sie, als wir auf der Brücke
+standen; aber weiter wagten sie sich nicht. Warum nicht?
+fragte ich. Die Kerle zogen ein wichtiges Gesicht beym
+Fackelschein und suchten den Muth der Franzmänner verdächtig
+zu machen. Die Franzmänner mochten wohl andere Ursachen
+haben. Sie waren höchst wahrscheinlich nicht zahlreich
+genug, hatten draussen nicht gehörige Massregeln genommen
+und besorgten in der grossen Tiefe der Höhle irgend ein
+unterirdisches Abenteuer kriegerischer Natur. Ausserdem ist
+nichts zu fürchten. Ich ging nun links am Flusse jenseit der
+Brücke ungefähr noch einige hundert Schritte weiter fort;
+dann aber mussten wir anfangen mit Lebensgefahr über die
+Felsen am Wasser hinzuklettern. Mein Führer sagte, es sey
+unmöglich weiter zu kommen. Das glaubte ich nun eben nicht:
+aber es war Schwierigkeit und Gefahr; ich wollte den Weg im
+Sonnenlichte weiter und wir krochen und wandelten zurück.
+Die Bielshöhle bey Elbingerode hat mehr Verschiedenheit und
+die benachbarte Baumannshöhle einige vielleicht eben so
+grosse Parthien aufzuweisen; aber sie haben nichts
+ähnliches, wie die furchtbare Höllenfahrt in der ersten und
+der Fluss und die Brücke in der letztern sind. Die
+Tropfsteine sind in den Harzhöhlen häufiger, grotesker und
+schöner als hier. Zum Beweiss dass dieser Fluss das bey
+Planina wieder heraus strömende Wasser sey, erzählte man
+mir, man habe vor einiger Zeit hier bey dem Einsturz
+ungefähr eine Metze Korke
+<!-- pb n="76" facs="#f0102"/ --> hinein geworfen, und diese
+seyen dort in der Bergschlucht wieder zum Vorschein
+gekommen.</p>
+
+<p>Hier sitze ich nun in Prewald, einer sehr hohen
+Bergspitze gegen über und zittere vor Frost bis man mein
+Zimmer heitzt. Die Höhle zu Lueg, einem Gute des Grafen
+Kobenzl, habe ich nicht gesehen. Es thut mir leid; sie ist
+wie bekannt vorzüglich. Mein Wirth in Adlersberg erzählte
+mir abenteuerliche Dinge davon. Sie soll von dort vier
+Stunden bis nach Wippach gegangen seyn, sey aber jetzt durch
+ein Erdbeben sehr verschüttet. Küttner hat sie gesehen und
+den Eingang abgebildet. Das Land ist rund umher voll von
+dergleichen Höhlen, und wäre wohl der Bereisung eines
+Geologen werth. Vor einigen Jahren bauete ein Landmann
+Weitzen auf einem schönen Feldstriche am Abhange eines
+Berges und erntete sehr reichlich; als er für das künftige
+Jahr bestellen wollte, schoss der ganze Acker gegen zehn
+Klafter tief herab, und es fand sich dass ein unterirdischer
+Fluss unter demselben hingegangen war, und den Grund so
+ausgewaschen hatte, dass er einstürzen musste. Auch soll in
+einem See unweit Adlersberg eine noch ganz unbekannte Art
+von Eydechsen hausen, von der man erst seit kurzem den
+Naturkundigen einige Exemplare eingeschickt habe. Vor
+einigen Jahren soll sogar ein Bauer ein Krokodil geschossen
+haben. Das alles lasse ich indessen auf der Erzählung des
+Herrn Merk in Laybach beruhen, der mir jedoch ein sehr
+wahrhafter unterrichteter Mann zu seyn scheint.</p>
+
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