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author | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2021-08-29 12:19:26 +0000 |
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committer | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2021-08-29 12:19:26 +0000 |
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Chr.) Dromedar in +Baktrien gewesen. Wahr ist vielmehr das Trottelwort +archaischer Pädagogen: »Sieben Städte stritten sich um die +Ehre, Homer geboren zu haben: Smyrna, Rhodos, Kolophon, +Salamis, Chios, Skyros, Athenai.«</p> + +<p> +Warum sich aber die diversen Stadtväter so hartnäckig +stritten, erfährt die leichtgläubig betrogene Nachwelt +allerdings erst durch diesen Film.</p> + +<div class="center">1. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +Homer dichtet die Ilias und die Odyssee; der alte Mann geht +vor seinem Zelte, skandierend und die Leier schlagend, auf +und nieder.</p> + +<div class="center">2. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +Landgut des Odysseus: Homer trägt seinem König einiges vor. +Odysseus läßt dem Sänger durch Sklaven einen Becher Wein +reichen und ein Ehrengeschenk übergeben: eine +milchstrotzende Kuh. Homer dankt freudig für die wandelnde +Gabe, läßt sie durch einen Sklaven heimführen, trinkt und +erklärt stolz, weinbesessen, kein Wesen hätte die Gabe mehr +verdient als er. Und auf eine Statue des Phoibos Apollon +deutend, versichert er, selbst dieser Gott hätte nicht +besser, höchstens ebensogut dichten können wie er. Denn +Apollon sei nur ein Stämmling des amusischen Zeus, er aber +habe die Dichtkunst geerbt, ihn hätten Sänger, Phemios mit +Demodokos, gezeugt.</p> + +<div class="center">3. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +Auf dem Olymp, von den neun Musen umtanzt, hört Phoibos +Apollon diese frevle Selbstanzeige des Dichters und stürmt +durch den weißen Bergnebel nach Ithaka: über die Schultern +den Bogen gelegt und den Köcher voll tosender Pfeile.</p> + +<div class="center">4. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +Drohende Gebärden. Es kommt zum Wettkampf. Odysseus soll +zwischen den Dichtern Apollon und Homer entscheiden. Apoll +greift nach der Leier Homers. (Was der junge Gott singt, +zeigt das)</p> + +<div class="center">5. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +Achilleus lehnt seinen leuchtenden Schild gegen die Mauer +und versucht, mit seinem ungeheuren Eschenspeer anrennend, +die Tore Trojas zu durchbrechen. Der Speer zersplittert. Der +rasende Achill will die Tore mit seinen Händen aus den +Angeln heben. Vergebens warnt, von der Mauer her dräuend, +Apollon, der Pelide läßt nicht ab, und wie er des alten +Troja mürbe Tore auf seine Simsonschultern lädt, benützt ein +Pfeil des Gottes die Achillesferse. Griechen und Troer +kämpfen in den bekannten malerischen Posen um den Leichnam +Achills. Während der dicke Aias die kühnsten Troer tötet, +trägt Odysseus, schwer bedrängt, den Leichnam hinab zu den +Schiffen... Dankbar verleiht Achills Mutter Thetis dem +Odysseus die Waffen des Achill.</p> + +<div class="center">6. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +Odysseus vernimmt diesen bestechenden Lobgesang mit Rührung, +doch Homer bleibt unbewegt, sein Lied</p> + +<div class="center">7. BILD</div> +<p class="margintop0"> +schildert die Liebe Apolls zu Daphne. Wie der verliebte Gott +die sich über einer Quelle kämmende Nymphe beschleicht, +belauscht, waldein, waldaus verfolgt — die fast Erhaschte im +letzten Augenblick zu ihrer Mutter, der Erde, bittend die +Hände erhebt und abwärts neigt, und von ihr in dürren +Strauch verwandelt wird. So daß der Gott statt des süßen +Mädchens den bitteren Lorbeer (daphne laurus) umfängt.</p> + +<div class="center">8. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +Als Homer geendet, wird in Apollon der Schmerz um die +geliebte Daphne neu, er verhüllt sein Haupt, gleichgültig +gibt der weinende Gott zu, daß ihn Odysseus für besiegt +erklärt, drückt mitleidsvoll die Hand Homers, fährt ihm +bedauernd über Augen, Wangen und Schultern, und erklärt, da +er besiegt sei, habe er nicht die Macht, von Homers Haupt +das Schicksal eines Dichters abzuhalten.</p> + +<div class="center">9. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +Odysseus, ein Ruder auf den Schultern, verabschiedet sich +von Homer. Poseidon, dem er den Sohn Polyphemos geblendet +hatte, zu versöhnen, muß Odysseus eine Wallfahrt +unternehmen, die so lange dauern soll, bis er ein Binnenvolk +erreicht, das sein Ruder für eine Schaufel hält. Odysseus +empfiehlt den Dichter der Fürsorge Telemachs und +Penelopes.</p> + +<div class="center">10. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +Aber Telemach ist immer auf der Wildziegenjagd. Und Penelope +gibt dem Dichter, da er sich im Hauswesen nicht sehr +nützlich macht (ihrer schwersten, blaumaschigen, zahmen +Lieblingsstopfgans einen Fuß zertritt), stets kleinere +Portionen, bis er endlich schweren Herzens, halb und halb +gedrängt durch einen Konkurrenten, den Hausbettler Iros, den +Entschluß faßt, den Palast zu verlassen. Penelope schmiert +ihm zwei Käsestullen, und Homer geht auf die +Wanderschaft.</p> + +<div class="center">11. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +Da er in frühester Kindheit die Eltern verlor, und seine +Vaterstadt, die ihn im Greisenalter zu ernähren hätte, nicht +kennt, begibt er sich zunächst nach Reich-Asien. Phöniker, +denen er dafür die von Odysseus geschenkte Kuh gibt, nehmen +ihn mit auf ihrem Schiff.</p> + +<div class="center">DIE ACHT LEIDENSSTATIONEN.<br /> +12. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +1. Smyrna. Bevor der von langer Seefahrt und Entbehrungen +geschwächte Dichter die Stadt betritt, färbt er sein +ergrautes Haupthaar und den Bart. Singt auf den Plätzen ums +liebe Brot. Aber das Volk verlacht ihn — die Haarfarbe war +schlecht gewesen, hatte ihm grüne Haar- und Bartlocken +geliefert. Erschöpft setzt sich der arme, von höhnenden +Kindern verfolgte Bettelmusikant im Stadtpark von Smyrna auf +eine Bank und schläft ein, an die niedrige Stadtmauer +gelehnt. Nicht gerührt durch die Tafel »Diese Anlagen sind +dem Schutze des Publikums empfohlen« langt ein Kamel über +die Mauer und frißt, durch die grüne Farbe verlockt, Homers +Schädel rattenkahl. Seitdem trägt er eine Perücke,</p> + +<div class="center">13. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +2. Kolophon. Infolge zu starken Kolophoniumgebrauchs und +unausgesetzten Harfenschlagens beginnen Homers Finger zu +eitern. Er fürchtet, die Hand werde ihm abfaulen, sehnt sich +nach Ruhe, Pflege. Geht halb verzweifelt, halb sehnsüchtig +einem schönen Weibe nach in den Tempel des Apollon +Kourotrophos. Beugt sich und fleht den Gott an, das Weib +möge wilde Liebesnächte und frische Jünglinge verschmähen +und sich seiner erbarmen. Aber sie neigt sich einem +Tempeldiener, und Homer bleibt nichts anderes übrig, als +auch weiterhin die Ilias sowie die Odyssee zu verfassen.</p> + +<div class="center">14. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +3. Rhodos. Enttäuscht verläßt Homer Asien. Auf Rhodos wird +ihm anfangs guter Empfang bereitet. Aber dann wird er in die +Königsburg geführt und, auf einen sanft verblödenden Greis +deutend, versichert man ihm, dies sei der Heraklide +Tlepolemos, den er in der Ilias von Sarpedons Hand habe +fallen lassen. Hierauf erklärt ein Sohn des idiotischen +Greises, ein Tlepolemiker, wütend, Homer habe einen +Schlüsselroman geschrieben, und dem Dichter wird der +fernerweitige Aufenthalt auf der Insel behördlich +untersagt.</p> + +<div class="center">15. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +4. Chios. Der gute Wein dieser Insel hebt wieder Homers +Stimmung. Er singt seine Lieder vor sich hin. Da nähert sich +dem Vertrauensseligen ein Jüngling semitischen Aussehens: +Phron. Bittet den Homer, ihm noch einiges vorzudeklamieren. +Der Dichter tut es. Phron lobt ihn, bietet ihm an, selbst +auch Homers Gesänge vorzutragen, und zwar allenthalben. Aber +Homers Name sei noch jung und unbekannt, an Propaganda werde +zwar alles Erdenkliche geschehen, doch dergleichen sei sehr +kostspielig, kurz er nast ihm als »Entschädigung und +Kostenbeitrag« den pramnischen Käse ab, den ein Bauer dem +Dichter geschenkt, mäkelt dann noch an dem Käse und +verschwindet auf Nimmerwiedersehn. Phron war — der erste +Verleger.</p> + +<div class="center">16. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +5. Skyros. Die Skyrioten feiern die Hochzeit des Peliden +Neoptolemos mit Helenas und Menelaus' Tochter Hermione. Der +Sänger Achills wird vom nichtbesungenen, trunkenen Pyrrhus +mit Hunden fortgehetzt.</p> + +<div class="center">17. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +6. Salamis. Homer kommt hier gerade zurecht, um einer zu +Ehren des dicken Alias und des HEILIGEN Teukros abgehaltenen +Prozession als Zuschauer beiwohnen zu können. Da der +Kurzsichtige vor den Priestern die Perücke nicht abnimmt, +wird er unter Pöbelgeheul von der Insel verjagt.</p> + +<div class="center">18. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +7. Athen. Als Homer vom Prytaneion ausgespeist zu werden +verlangt, beantragt Platon, der Sohn des Kassner, den +Rhapsoden, da der in seinen übrigens hypermodernen Gesängen +Athen zu wenig genannt und auch sonst zu sehr der Unzucht +gefrönt, unsittliche Vereinigungen des Zeus mit der Hera, +des Ares mit der Aphrodite geschildert habe, durch das +Scherbengericht aus Athen zu verbannen. Geschieht.</p> + +<div class="center">19. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +8. Jos. Halb erblindet und auf Vieren wankend, hier +und da von mitleidigen Schiffern aufgenommen, irrt +Homer von Stadt zu Stadt, von Insel zu Insel. Keine +Bürgerschaft will ihn ernähren, er wird immer wieder +als lästiger Ausländer abgeschoben, die Stadtväter +jeglicher Gemeinde verwahren sich energisch dagegen, daß +dieser krüppelhafte Kerl ihrer Polis entsprossen sei. +Am Strande von Jos ruht er endlich erschöpft aus. +Fischerknaben, leere Netze auf den Schultern, steigen +aus Booten und necken ihn. Geben ihm ein Rätsel +auf: »Was wir gefangen haben, ließen wir zurück. +Was wir nicht gefangen haben, tragen wir bei uns.« +Homer sinnt verzweifelt, kann die Lösung nicht finden. +Ein Phron ähnlicher Knabe: der Sohn des Phron, klärt +ihn auf, da sie keine Fische zu fangen vermocht, hätten +sie sich am Strande die Läuse gesucht, die Gefangenen +getötet, die Nichtgefangenen unfreiwillig nach Hause +mitgenommen... Die Lausbuben ziehen ab. Homer +schüttelt klagend das Haupt, vor Gram, nun auch +geistig gealtert über das einfache Rätsel der Jungen +gestrauchelt zu sein, stürzt er sich von den Klippen ins Meer.</p> + +<div class="center">20. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +Das arme Grab Homers auf Jos. Inschrift: »Hier +deckt die Erde das heilige Haupt Homers, der in +seinen Liedern die Helden sang.«</p> + +<div class="center">21. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +Zeigt den Bauch des Regierungsrats Professor +Methusalem Leichenstil, der, um schneller zu avancieren, +sich allen bildlichen Schmuck des achilleischen Schilds +auf den Bauch tätowieren ließ.</p> + +<div class="center">22. BILD.</div> +<p class="margintop0"> +Unterrichtsstunde bei Professor Leichenstil. Neben +dem Katheder steht, Phron und dessen das Rätsel +erklärendem Sohne sehr ähnlich sehend, der Primus Eugen +Pelideles. Schnattert: Sieben Städte stritten sich um die +Ehre, Homer geboren zu haben: »Smyrna, Rhodos, +Kolophon, Salamis, Chios, Skyros, Athenai.«</p> + +<p> +Meer wogt gegen das Kathederpodium, auf den Wogen +daher treibt ein Leichnam: Homer. Wie der Blick seiner +toten Augen auf Pelideles fällt, beginnen seine +Wunden zu bluten... und über alles und alle stürzt das +Wasser der Zeit.</p> + +</div> +</body> +</html> |