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author | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2020-03-04 16:26:18 +0100 |
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committer | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2020-03-04 16:26:18 +0100 |
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Es graute ihn, auf die unverständlichen, niemals +endenden Tatsachen angewiesen zu sein, die ihn verneinten +Aber sein erschöpfter Wille konnte nicht ein Stäubchen +erzeugen; er konnte mit geschlossenen Augen nichts sehen.</p> + +<p> +»Es muss möglich sein, genau wie man früher an einen Gott +glauben konnte, der die Welt aus nichts erschuf. Wie +peinlich, dass ich nie vollkommen sein kann. Doch warum +fehlt mir sogar die Illusion der Vollkommenheit.«</p> + +<p> +Da merkte er, dass eine gewisse Vorstellungsfähigkeit des +Tatsächlichen noch in ihm sei. Er bedauerte dies, wiewohl +ihm alles gleichgültig erschien. Es war nicht, dass die +generellen Instinkte in ihm abgestorben wären. Er sagte +sich, dass der Wert etwas Alogisches sei, und er wollte +damit nicht Logik machen. Er spürte in diesem Widerspruch +keine Belebung, sondern Aufhebung, Ruhe. Nicht die +Verneinung machte ihm Vergnügen. Er verachtete diese +prätentiösen Nörgler. Er verachtete diese Unreinlichkeit des +dramatischen Menschen. Er sagte sich, vielleicht nötige ihn +nur seine Faulheit zu dieser Betrachtung. Doch die Gründe +waren ihm nebensächlich. Es handelte sich um den Gedanken, +der logisch war, woher auch seine Ursachen kamen. </p> + +<p> +Böhm begrüsste ihn leise und freundlich. Er wollte sich nach +seinem Tode etwas schonen, da er noch nichts Sicheres über +die Unsterblichkeit wusste.</p> + +<p> +»Es ist anständig und lässt Sie in gutem Licht erscheinen, +wie Sie sich mit Todesverachtung um das Logische bemühen. +Aber leider dürften Sie keinen Erfolg haben, da Sie nur eine +Logik und ein Nichtlogisches annehmen. Es gibt viele +Logiken, mein Lieber, in uns, welche sich bekämpfen, und aus +deren Kampf das Alogische hervorgeht. Lassen Sie sich nicht +von einigen mangelhaften Philosophen täuschen, die +fortwährend von der Einheit schwatzen und den Beziehungen +aller Teile aufeinander, ihrem Verknüpftsein zu einem +Ganzen. Wir sind nicht mehr so phantasielos, das Dasein +eines Gottes zu behaupten. Alles unverschämte Einbiegen auf +eine Einheit appelliert nur an die Faulheit der Mitmenschen. +Bebuquin, sehen Sie einmal: Vor allen Dingen wissen die +Leute nichts von der Beschaffenheit des Leibes. Erinnern Sie +sich der weiten Strahlenmäntel der Heiligen auf den alten +Bildern und nehmen Sie diese bitte wörtlich. Doch das alles +sind Gemeinplätze. Was Ihnen, mein Lieber, fehlt, ist das +Wunder. Merken Sie jetzt, warum Sie von allen Sachen und +Dingen abgleiten? Sie sind ein Phantast mit unzureichenden +Mitteln. Auch ich suchte das Wunder. Denken Sie an Melitta, +die aus dem Sprachrohr fiel, und wie ich mich blamierte. Man +braucht die Frauen überhaupt nur, um sich zu blamieren. Es +ist das eine Selektion, die gerecht ist, gerade weil in der +Frau nur Dummheit steckt. Darum redet man bei ihr von +Möglichkeiten und meint zuletzt, dass die Frau phantastisch +sei. Hinter eines kam ich seit meinem seligen Abscheiden. +Sie sind Phantast, weil Sie nicht genug können. Das +Phantastische ist gewiss ebenso Stoff- wie Formfrage. Aber +vergessen Sie eines nicht. Phantasten sind Leute, die nicht +mit einem Dreieck zu Ende kommen. Man soll nicht sagen, dass +sie Symbolisten sind. Aber in Gottes Namen, Ihnen ist dieser +Dilettantismus nötig. Sie sahen noch nie ein paar Leute, nie +ein Blatt. Denken Sie eine Frau unter der Laterne; eine +Nase, ein Lichtbauch, sonst nichts. Das Licht, aufgefangen +von Häusern und Menschen. Damit wäre noch etwas zu sagen. +Hüten Sie sich vor quantitativen Experimenten. In der Kunst +ist die Zahl, die Grösse ganz gleichgültig. Wenn sie eine +Rolle spielt, so ist sie bestimmt abgeleitet. Mit der +Unendlichkeit zu arbeiten, ist purer Dilettantismus. Hier +gebe ich Ihnen noch einen Ratschlag, der Sie später +vielleicht anregt. Kant wird gewiss eine grosse Rolle +spielen. Merken Sie sich eins. Seine verführerische +Bedeutung liegt darin, dass er Gleichgewicht zustande +brachte zwischen Objekt und Subjekt. Aber eines, die +Hauptsache vergass er: was wohl das Erkenntnistheorie +treibende Subjekt macht, das eben Objekt und Subjekt +konstatiert. Ist das wohl ein psychisches Ding an sich. Da +steckt der Haken, warum der deutsche Idealismus Kant +dermassen übertreiben konnte. Unschöpferische werden sich +stets an Unmöglichen erschöpfen. Keine Grenzen kennen, +wieviel Seelisches die Gegenstände ertragen, verantworten +können. Alle Unendlichkeitsrederei kommt von ungeformter +arbeitsloser Seelenenergie. Es ist der Ausdruck der +potentiellen Energie, also eine Sache des kräftigen +Nichtkönnens.</p> + +</body> +</html> |