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author | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2020-03-04 16:26:18 +0100 |
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committer | Patrick Goltzsch <pg (at) in-transit.cc> | 2020-03-04 16:26:18 +0100 |
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-rw-r--r-- | OEBPS/Text/13.html | 126 |
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diff --git a/OEBPS/Text/13.html b/OEBPS/Text/13.html new file mode 100644 index 0000000..6dbe5fc --- /dev/null +++ b/OEBPS/Text/13.html @@ -0,0 +1,126 @@ +<?xml version="1.0" encoding="utf-8" standalone="no"?> +<!DOCTYPE html PUBLIC "-//W3C//DTD XHTML 1.1//EN" + "http://www.w3.org/TR/xhtml11/DTD/xhtml11.dtd"> + +<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml"> +<head> + <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" /> + <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" /> + <title>Dreizehntes Kapitel.</title> +</head> +<body> + + <h3 class="spaced center">Dreizehntes Kapitel.</h3> + +<p> +Sterne konkurrieren wiederum vergeblich mit dem bestimmten +Licht der Bogenlampen.</p> + +<p> +»O Kunst,« seufzte Bebuquin, »du bist gewaltig, wenn man +Perspektiven wegschickt, ersehnte Veränderung der Zustände, +wie ist eine Sache zugleich wahr und falsch, es kommt auf +den Standpunkt an.</p> + +<p> +Versuchung, du tauchst aus der entvölkerten, schlafenden +Nacht und erhebst dich aus der Angst vor den Gestirnen.</p> + +<p> +Ich vergass noch nicht, soweit wie es ziemlich wäre; +vielleicht reinigt mich ein anderer, wenn ich's nicht +vermag.«</p> + +<p> +So begab er sich zum Kloster des kostenlosen Blutwunders, +nachdenkend, ob eine völlige Unterbrechung des Schicksals +möglich sei.</p> + +<p> +Ueber ihm, auf den Nadelspitzen der Tannen, glitt Böhm mit.</p> + +<p> +Der sang:</p> + +<p> +»Wälder, ihr sympathische Stickerei,<br /> +o Schrecken, du Lehrer der Geheimnisse.<br /> +Waldfeuer, ihr Offenbarungen im Dickicht.<br /> +Irrgänge, Wegschlingen,<br /> +gehetzte, angestrengt verirrte Seelen, die ihr sie begeht.«</p> + +<p> +Seine Hirnkapsel leuchtete den Weg voran<br /> +mit der nonchalanten Sicherheit eines Toten<br /> +er sang weiter:</p> + +<p> +»Risiko, Wagnisse der Schwachen,<br /> +die vergeblich sind,<br /> +weil Pappgewichte gestemmt werden,<br /> +o philosophische Triks.<br /> +Die gute harmlose Seele eines unwissenden Knaben<br /> +geht durch die Wälder. –«</p> + +<p> +ein Blitz durchfuhr den Wald,<br /> +der Baum, über den Böhm stieg, schüttelte sich.</p> + +<p> +Bebuquin hatte grosse Mühe, der Luftreise Böhms +nachzukommen, trotzdem dieser recht rücksichtsvoll war; aber +oft, wenn Böhm meinte, jetzt müsse es besonders gut gehen, +versank Bebuquin im Morast oder stieg keuchend aufwärts, +während Böhm die Kugel einer Akazie leicht betanzte.</p> + +<p> +»O Standpunkte, Vielfältigkeit der Logiker, Kontrapunktik +der Sphären, rief Böhm, sorgfältig das stille Licht seiner +Lampe schützend, die ihr die Dinge zwar vermanscht, doch +kaum ruinieren könnt.</p> + +<p> +Wie entzückt ihr meine Augen,</p> + +<p> +da ich das fatale Denken mir streng abgewöhnte. </p> + +<p> +Bebuquin, der Wille zur Dummheit verlangt Entsagung, und man +bekommt ihn nur durch sorgfältiges Zuendedenken. Wenn man +sieht, dass unsere Gedanken in sich zusammenfallen, wie die +Flügel eines geschossenen Wildhuhns; Gedanken, nein, sie +sind keine Zwecke für sich, sie sind wert als Bewegung; aber +können Gedanken bewegen; o, sie fixieren, sie nageln zu sehr +fest, sie konservieren selbst den Revolutionär. Bilder sind +Taten der Augen, und mit einem Bilde ist nicht alles gesagt; +aber ein Gedanke täuscht stets vor, er habe die ganze Kette +erschöpft, und lähmt.</p> + +<p> +Die Logik will immer eines und bedenkt nicht, dass es viele +Logiken gibt. Es gibt nicht Eines, wohl aber eine Tendenz +der Vereinheitlichung; und wieviel Dinge streben +auseinander. Die Logik hat nicht eine Grundlage. Von ihren +vier Axiomen liebt der eine dies, der andere jenes mehr; und +ein Axiom befehdet und mischt sich dem anderen; denn eines +allein vermag keinen Schritt vorwärts zu gehen; die Logik +ist eine ungeheuerliche Ausnahme, und der pythagoreische +Lehrsatz ein Monstrum.«</p> + +<p> +Grüne Drachen mit Schwänzen, die an metallische Sterne +dröhnten, fuhren über den Himmel. Staub rieselte gegen den +Himmel von der Wüste auf, über die sich Bebuquin schleppte.</p> + +<p> +Am Horizont stand das Kloster; um es war die unfruchtbare, +die stilisierende, dröhnende, vogelüberflogene Wüste +gelagert, die Ebene, wo der Blick in rundem Kreis in sich +selbst zurückkehrt, um in dem Sand zu versiegen; und die +Sonne schlug auf das braune Fell mit den schmetternden +Lichtschlägen über die steilen Fanfaren der Felstrümmer +hinweg.</p> + +</body> +</html> |