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+ <title>Die Flucht</title>
+</head>
+<body>
+
+ <h2 class="section">Die Flucht</h2>
+
+</body>
+</html>
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+ <title>Worte</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Worte</h3>
+
+<p>
+ <span class="indent">Man hatte uns Worte vorgesprochen, die von nackter Schönheit und Ahnung und zitterndem Verlangen übergiengen.</span><br />
+ <span class="indent">Wir nahmen sie, behutsam wie fremdländische Blumen, die wir in unsrer Knabenheimlichkeit aufhiengen.</span><br />
+ <span class="indent">Sie versprachen Sturm und Abenteuer, Überschwang und Gefahren und todgeweihte Schwüre&nbsp;&ndash;</span><br />
+ <span class="indent">Tag um Tag standen wir und warteten, daß ihr Abenteuer uns entführe.</span><br />
+ <span class="indent">Aber Wochen liefen kahl und spurlos, und nichts wollte sich melden, unsre Leere fortzutragen.</span><br />
+ <span class="indent">Und langsam begannen die bunten Worte zu entblättern. Wir lernten sie ohne Herzklopfen sagen.</span><br />
+ <span class="indent">Und die noch farbig waren, hatten sich von Alltag und allem Erdwohnen geschieden:</span><br />
+ <span class="indent">Sie lebten irgendwo verzaubert auf paradiesischen Inseln in einem märchenblauen Frieden.</span><br />
+ <span class="indent">Wir wußten: sie waren unerreichbar wie die weißen Wolken, die sich über unserm Knabenhimmel vereinten,</span><br />
+ <span class="indent">Aber an manchen Abenden geschah es, daß wir heimlich und sehnsüchtig ihrer verhallenden Musik nachweinten.</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>
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+ <title>Der Spruch</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Der Spruch</h3>
+
+<p>
+ <span class="indent">In einem alten Buche stieß ich auf ein Wort,</span><br />
+ <span class="indent">Das traf mich wie ein Schlag und brennt durch meine Tage fort:</span><br />
+ <span class="indent">Und wenn ich mich an trübe Lust vergebe,</span><br />
+ <span class="indent">Schein, Lug und Spiel zu mir anstatt des Wesens hebe,</span><br />
+ <span class="indent">Wenn ich gefällig mich mit raschem Sinn belüge,</span><br />
+ <span class="indent">Als wäre Dunkles klar, als wenn nicht Leben tausend wild verschlossne Tore trüge,</span><br />
+ <span class="indent">Und Worte wiederspreche, deren Weite nie ich ausgefühlt,</span><br />
+ <span class="indent">Und Dinge fasse, deren Sein mich niemals aufgewühlt,</span><br />
+ <span class="indent">Wenn mich willkommner Traum mit Sammethänden streicht,</span><br />
+ <span class="indent">Und Tag und Wirklichkeit von mir entweicht,</span><br />
+ <span class="indent">Der Welt entfremdet, fremd dem tiefsten Ich,</span><br />
+ <span class="indent">Dann steht das Wort mir auf: Mensch, werde wesentlich!</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>
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+ <link href="../../../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+ <title>Tage</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Tage</h3>
+
+<h4 class="center">I.</h4>
+
+<p>
+ <span class="indent">Klangen Frauenschritte hinter Häuserbogen,</span><br />
+ <span class="indent">Folgtest du durch Gassen hingezogen</span><br />
+ <span class="indent">Feilen Blicken und geschminkten Wangen nach,</span><br />
+ <span class="indent">Hörtest in den Lüften Engelschöre musizieren,</span><br />
+ <span class="indent">Spürtest Glück, dich zu zerstören, zu verlieren,</span><br />
+ <span class="indent">Branntest dunkel nach Erniedrigung und Schmach.</span>
+</p>
+
+<p>
+ <span class="indent">Bis du dich an Eklem vollgetrunken,</span><br />
+ <span class="indent">Vor dem ausgebrannten Körper hingesunken,</span><br />
+ <span class="indent">Dein Gesicht dem eingeschrumpften Schoß verwühlt &ndash;</span><br />
+ <span class="indent">Fühltest, wie aus Schmach dir Glück geschähe,</span><br />
+ <span class="indent">Und des Gottes tausendfache Nähe</span><br />
+ <span class="indent">Dich in Himmelsreinheit höbe, niegefühlt.</span>
+</p>
+
+<h4 class="center">II.</h4>
+
+<p>
+ <span class="indent">O Gelöbnis der Sünde! All' ihr auferlegten Pilgerfahrten in entehrte Betten!</span><br />
+ <span class="indent">Stationen der Erniedrigung und der Begierde an verdammten Stätten!</span><br />
+ <span class="indent">Obdach beschmutzter Kammern, Herd in der Stube, wo die Speisereste verderben,</span><br />
+ <span class="indent">Und die qualmende Öllampe, und über der wackligen Kommode der Spiegel in Scherben!</span><br />
+ <span class="indent">Ihr zertretnen Leiber! du Lächeln, krampfhaft in gemalte Lippen eingeschnitten!</span><br />
+ <span class="indent">Armes, ungepflegtes Haar! ihr Worte, denen Leben längst entglitten &ndash;</span><br />
+ <span class="indent">Seid ihr wieder um mich, hör' ich euch meinen Namen nennen?</span><br />
+ <span class="indent">Fühl' ich aus Scham und Angst wieder den einen Drang nur mich zerbrennen:</span><br />
+ <span class="indent">Sicherheit der Frommen, Würde der Gerechten anzuspeien,</span><br />
+ <span class="indent">Trübem, Ungewissem, schon Verlornem mich zu schenken, mich zu weihen,</span><br />
+ <span class="indent">Selig singend Schmach und Dumpfheit der Geschlagenen zu fühlen,</span><br />
+ <span class="indent">Mich ins Mark des Lebens wie in Gruben Erde einzuwühlen.</span>
+</p>
+
+<h4 class="center">III.</h4>
+
+<p>
+ <span class="indent">Ich stammle irre Beichte über deinem Schoß:</span><br />
+ <span class="indent">Madonna, mach' mich meiner Qualen los.</span><br />
+ <span class="indent">Du, deren Weh die Liebe nie verließ,</span><br />
+ <span class="indent">In deren Leib man sieben Schwerter stieß,</span><br />
+ <span class="indent">Die lächelnd man zur Marterbank gezerrt &ndash;</span><br />
+ <span class="indent">O sieh, noch bin ich ganz nicht aufgesperrt,</span><br />
+ <span class="indent">Noch fühl' ich, wie mir Haß zur Kehle steigt,</span><br />
+ <span class="indent">Und vielem bin ich fern und ungeneigt.</span><br />
+ <span class="indent">O laß die Härte, die mich engt, zergehn,</span><br />
+ <span class="indent">Nur Tor mich sein, durch das die Bilder gehn,</span><br />
+ <span class="indent">Nur Spiegel, der die tausend Dinge trägt,</span><br />
+ <span class="indent">Allseiend, wie dein Atemzug sich über Welten regt.</span>
+</p>
+
+<h4 class="center">IV.</h4>
+
+<p>
+ <span class="indent">Dann brenn' ich nächtelang, mich zu kasteien,</span><br />
+ <span class="indent">Und spüre Stock und Geißel über meinen Leib geschwenkt:</span><br />
+ <span class="indent">Ich will mich ganz von meinem Selbst befreien,</span><br />
+ <span class="indent">Bis ich an alle Welt mich ausgeschenkt.</span><br />
+ <span class="indent">Ich will den Körper so mit Schmerzen nähren,</span><br />
+ <span class="indent">Bis Weltenleid mich sternengleich umkreist &ndash;</span><br />
+ <span class="indent">In Blut und Marter aufgepeitschter Schwären</span><br />
+ <span class="indent">Erfüllt sich Liebe und erlöst sich Geist.</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>
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+ <title>Gegen Morgen</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Gegen Morgen</h3>
+
+<p>
+ <span class="indent">Tag will herauf. Nacht wehrt nicht mehr dem Licht.</span><br />
+ <span class="indent">O Morgenwinde, die den Geist in ungestüme Meere treiben!</span><br />
+ <span class="indent">Schon brechen Vorstadtbahnen fauchend in den Garten</span><br />
+ <span class="indent">Der Frühe. Bald sind Straßen, Brücken wieder von Gewühl und Lärm versperrt&nbsp;&ndash;</span><br />
+ <span class="indent">O jetzt ins Stille flüchten! Eng im Zug der Weiber, der sich übern Treppengang zur Messe zerrt,</span><br />
+ <span class="indent">In Kirchenwinkel knien! O, alles von sich tun, und nur in Demut auf das Wunder der Verheißung warten!</span><br />
+ <span class="indent">O Nacht der Kathedralen! Inbrunst eingelernter Kinderworte!</span><br />
+ <span class="indent">Gestammel unverstandner Litanein, indes die Seelen in die Sanftmut alter Heiligenbilder schauen&nbsp;.&nbsp;.</span><br />
+ <span class="indent">O Engelsgruß der Gnade&nbsp;.&nbsp;. ungenannt im Chor der Gläubigen stehn und harren, daß die Pforte</span><br />
+ <span class="indent">Aufspringe, und ein Schein uns kröne wie vom Haar von unsrer lieben Frauen.</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>
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+ <title>Metamorphosen</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Metamorphosen</h3>
+
+<p>
+ <span class="indent">Erst war grenzenloser Durst, ausholend Glück, schamvolles Sichbeschauen,</span><br />
+ <span class="indent">Abends in der Jungenstube, wenn die Lampe ausgieng, Zärtlichkeiten überschwänglich hingeströmt an traumerschaffne Frauen,</span><br />
+ <span class="indent">Verzückte Worte ins Leere gesprochen und im Blut der irre Brand&nbsp;&ndash;</span><br />
+ <span class="indent">Bis man sich eines Nachts in einem schalen Zimmer wiederfand,</span><br />
+ <span class="indent">Stöhnend, dumpf, und seine Sehnsucht über einen trüben, eingesunknen Körper leerte,</span><br />
+ <span class="indent">Sich auf die Zähne biß und wußte: dieses sei das Leben, dem man sich bekehrte.</span><br />
+ <span class="indent">Ein ganzer blondverklärter Knabenhimmel stand in Flammen&nbsp;&ndash;</span><br />
+ <span class="indent">Damals stürzte Göttliches zusammen&nbsp;.&nbsp;.</span><br />
+ <span class="indent">Aber Seele hüllte gütig enge Kammer, welken Leib und Scham und Ekel ein,</span><br />
+ <span class="indent">Und niemals wieder war Liebe so sanft, demütig und rein,</span><br />
+ <span class="indent">So voller Musik wie da&nbsp;&hellip;</span>
+</p>
+
+<p>
+ <span class="indent">Dann sind Jahre hingegangen und haben ihren Zoll gezahlt.</span><br />
+ <span class="indent">Aus ihrem Fluß manch' eine Liebesstunde wie eine Mondwelle aufstrahlt.</span><br />
+ <span class="indent">Aber Wunder wich zurück, wie schöne hohe Kirchen Sommers vor der Dämmerung in die Schatten weichen.</span><br />
+ <span class="indent">Eine Goldspur wehte übern Abendhimmel hin: nichts konnte sie erreichen.</span><br />
+ <span class="indent">Seele blieb verlassen, Sehnsucht kam mit leeren Armen heim, so oft ich sie hinausgeschickt,</span><br />
+ <span class="indent">Wenn ich im Dunkel nach Erfüllung rang, in Hauch und Haar geliebter Frau'n verstrickt.</span><br />
+ <span class="indent">Denn immer griffen meine Hände nach dem fernen bunten Ding,</span><br />
+ <span class="indent">Das einmal über meinem Knabenhimmel hieng.</span><br />
+ <span class="indent">Und immer rief mein Kiel nach Sturm &ndash; doch jeder Sturm hat mich ans Land geschwemmt,</span><br />
+ <span class="indent">Sterne brachen, und die Flut zerfiel, in Schlick und Sand verschlämmt&nbsp;&hellip;</span><br />
+ <span class="indent">Daran mußt' ich heute denken, und es fiel mir ein,</span><br />
+ <span class="indent">Daß alles das umsonst, und daß es anders müsse sein,</span><br />
+ <span class="indent">Und daß vielleicht die Liebe nichts als schweigen,</span><br />
+ <span class="indent">Mit einer Frau am Meeresufer stehn und durch die Dünen horchen, wie von fern die Wasser steigen.</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>
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+
+<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml">
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+ <title>Betörung</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Betörung</h3>
+
+<p>
+ <span class="indent">Nun bist du, Seele, wieder deinem Traum</span><br />
+ <span class="indent">Und deiner Sehnsucht selig hingegeben.</span><br />
+ <span class="indent">In holdem Feuer glühend fühlst du kaum,</span><br />
+ <span class="indent">Daß Schatten alle Bilder sind, die um dich leben.</span>
+</p>
+
+<p>
+ <span class="indent">Denn nächtelang war deine Kammer leer.</span><br />
+ <span class="indent">Nun grüßen dich, wie über Nacht die Zeichen</span><br />
+ <span class="indent">Des jungen Frühlings durch die Fenster her,</span><br />
+ <span class="indent">Die neuen Schauer, die durch deine Seele streichen.</span>
+</p>
+
+<p>
+ <span class="indent">Und weißt doch: niemals wird Erfüllung sein</span><br />
+ <span class="indent">Den Schwachen, die ihr Blut dem Traum verpfänden,</span><br />
+ <span class="indent">Und höhnend schlägt das Schicksal Krug und Wein</span><br />
+ <span class="indent">Den ewig Dürstenden aus hochgehobnen Händen.</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>
diff --git a/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/07-truebe-stunde.html b/OEBPS/Text/der-aufbruch/01-die-flucht/07-truebe-stunde.html
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+<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml">
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+ <title>Trübe Stunde</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Trübe Stunde</h3>
+
+<p>
+ <span class="indent">Im sinkenden Abend, wenn die Fischer in den Meerhäfen ihre Kähne rüsten,</span><br />
+ <span class="indent">In der austreibenden Flut, die braunen Masten zitternd vor dem Wind&nbsp;&ndash;</span><br />
+ <span class="indent">Seele, wirfst du zitternd dich ins Segel, gierig nach entlegnen Küsten,</span><br />
+ <span class="indent">Dahin die Wunder deiner Nächte dir entglitten sind?</span>
+</p>
+
+<p>
+ <span class="indent">Oder bist du so wehrlos deiner Sterne Zwang verfallen,</span><br />
+ <span class="indent">Daß dich ein irrer Wille nur ins Ferne, Uferlose drängt&nbsp;&ndash;</span><br />
+ <span class="indent">Auf wilden Wassern schweifend, wenn die Stürme sich in deines Schiffes Rippen krallen,</span><br />
+ <span class="indent">Und Nacht und Wolke endlos graues Meer und grauen Himmel mengt?</span>
+</p>
+
+<p>
+ <span class="indent">Und wütest du im Dunkel gegen dein Geliebtes und erwachst mit strömend tiefen Wunden,</span><br />
+ <span class="indent">Das Auge matt, dein Blut verbrannt und deiner Sehnsucht Schwingen leer,</span><br />
+ <span class="indent">Und siehst, mit stierem Blick, und unbewegt an deines Schicksals Mast gebunden</span><br />
+ <span class="indent">Den Morgen glanzlos schauern überm Meer?</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>
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+ <title>Was waren Frauen</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Was waren Frauen</h3>
+
+<p>
+ <span class="indent">Was waren Frauen anders dir als Spiel,</span><br />
+ <span class="indent">Der du dich rettetest in soviel Liebesstunden:</span><br />
+ <span class="indent">Du hast nie andres als ein Stück von dir gefunden,</span><br />
+ <span class="indent">Und niemals fand dein Suchen sich das Ziel.</span>
+</p>
+
+<p>
+ <span class="indent">Du strebtest, dich im Hellen zu befreien,</span><br />
+ <span class="indent">Und wolltest untergehen in wolkig trüber Flut &ndash;</span><br />
+ <span class="indent">Und lagst nur hilflos angeschmiedet in den Reihen</span><br />
+ <span class="indent">Der Schmachtenden, gekettet an dein Blut.</span>
+</p>
+
+<p>
+ <span class="indent">Du stiegst, dein Leben höher aufzutürmen,</span><br />
+ <span class="indent">In fremde Seelen, wenn dich eigne Kraft verließ,</span><br />
+ <span class="indent">Und sahst erschauernd deinen Dämon dich umstürmen,</span><br />
+ <span class="indent">Wenn deinen dünnen Traum der Tag durchstieß.</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>
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+ <title>Reinigung</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Reinigung</h3>
+
+<p>
+ <span class="indent">Lösche alle deine Tag' und Nächte aus!</span><br />
+ <span class="indent">Räume alle fremden Bilder fort aus deinem Haus!</span><br />
+ <span class="indent">Laß Regendunkel über deine Schollen niedergehn!</span><br />
+ <span class="indent">Lausche: dein Blut will klingend in dir auferstehn!&nbsp;&ndash;</span><br />
+ <span class="indent">Fühlst du: schon schwemmt die starke Flut dich neu und rein,</span><br />
+ <span class="indent">Schon bist du selig in dir selbst allein</span><br />
+ <span class="indent">Und wie mit Auferstehungslicht umhangen&nbsp;&ndash;</span><br />
+ <span class="indent">Hörst du: schon ist die Erde um dich leer und weit</span><br />
+ <span class="indent">Und deine Seele atemlose Trunkenheit,</span><br />
+ <span class="indent">Die Morgenstimme deines Gottes zu umfangen.</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>
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+ <title>Ende</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Ende</h3>
+
+<p>
+ <span class="indent">Nur eines noch: viel Stille um sich her wie weiche Decken schlagen,</span><br />
+ <span class="indent">Irgendwo im Alltag versinken, in Gewöhnlichkeit, seine Sehnsucht in die Enge bürgerlicher Stuben tragen,</span><br />
+ <span class="indent">Hingebückt, ins Dunkel gekniet, nicht anders sein wollen, geschränkt und gestillt, von Tag und Nacht überblüht, heimgekehrt von Reisen</span><br />
+ <span class="indent">Ins Metaphysische &ndash; Licht sanfter Augen über sich, weit, tief ins Herz geglänzt, den Rest von irrem Himmelsdurst zu speisen&nbsp;&ndash;</span><br />
+ <span class="indent">Kühlung Wehendes, Musik vieler gewöhnlicher Stimmen, die sich so wie Wurzeln stiller Birken stark ins Blut dir schlagen,</span><br />
+ <span class="indent">Vorbei die umtaumelten Fanfaren, die in Abenteuer und Ermattung tragen,</span><br />
+ <span class="indent">Morgens erwachen, seine Arbeit wissen, sein Tagewerk, festbezirkt, stumm aller Lockung, erblindet allem, was berauscht und trunken macht,</span><br />
+ <span class="indent">Keine Ausflüge mehr ins Wolkige, nur im Nächsten noch sich finden, einfach wie ein Kind, das weint und lacht,</span><br />
+ <span class="indent">Aus seinen Träumen fliehen, Helle auf sich richten, jedem Kleinsten sich verweben,</span><br />
+ <span class="indent">Aufgefrischt wie vom Bad, ins Leben eingeblüht, dunkel dem großen Dasein hingegeben.</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>
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+ <title>Zwiegespräch</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Zwiegespräch</h3>
+
+<p>
+ <span class="indent">Mein Gott, ich suche dich. Sieh mich vor deiner Schwelle knien</span><br />
+ <span class="indent">Und Einlaß betteln. Sieh, ich bin verirrt, mich reißen tausend Wege fort ins Blinde,</span><br />
+ <span class="indent">Und keiner trägt mich heim. Laß mich in deiner Gärten Obdach fliehn,</span><br />
+ <span class="indent">Daß sich in ihrer Mittagsstille mein versprengtes Leben wiederfinde.</span><br />
+ <span class="indent">Ich bin nur stets den bunten Lichtern nachgerannt,</span><br />
+ <span class="indent">Nach Wundern gierend, bis mir Leben, Wunsch und Ziel in Nacht verschwanden.</span><br />
+ <span class="indent">Nun graut der Tag. Nun fragt mein Herz in seiner Taten Kerker eingespannt</span><br />
+ <span class="indent">Voll Angst den Sinn der wirren und verbrausten Stunden.</span><br />
+ <span class="indent">Und keine Antwort kommt. Ich fühle, was mein Bord an letzten Frachten trägt,</span><br />
+ <span class="indent">In Wetterstürmen ziellos durch die Meere schwanken,</span><br />
+ <span class="indent">Und das im Morgen kühn und fahrtenfroh sich wiegte, meines Lebens Schiff zerschlägt</span><br />
+ <span class="indent">An dem Magnetberg eines irren Schicksals seine Planken.&nbsp;&ndash;</span>
+</p>
+
+<p>
+ <span class="indent">Still, Seele! Kennst du deine eigne Heimat nicht?</span><br />
+ <span class="indent">Sieh doch: du bist in dir. Das ungewisse Licht,</span><br />
+ <span class="indent">Das dich verwirrte, war die ewige Lampe, die vor deines Lebens Altar brennt.</span><br />
+ <span class="indent">Was zitterst du im Dunkel? Bist du selber nicht das Instrument,</span><br />
+ <span class="indent">Darin der Aufruhr aller Töne sich zu hochzeitlichem Reigen schlingt?</span><br />
+ <span class="indent">Hörst du die Kinderstimme nicht, die aus der Tiefe leise dir entgegensingt?</span><br />
+ <span class="indent">Fühlst nicht das reine Auge, das sich über deiner Nächte wildste beugt&nbsp;&ndash;</span><br />
+ <span class="indent">O Brunnen, der aus gleichen Eutern trüb und klare Quellen säugt,</span><br />
+ <span class="indent">Windrose deines Schicksals, Sturm, Gewitternacht und sanftes Meer,</span><br />
+ <span class="indent">Dir selber alles: Fegefeuer, Himmelfahrt und ewige Wiederkehr&nbsp;&ndash;</span><br />
+ <span class="indent">Sieh doch, dein letzter Wunsch, nach dem dein Leben heiße Hände ausgereckt,</span><br />
+ <span class="indent">Stand schimmernd schon am Himmel deiner frühsten Sehnsucht aufgesteckt.</span><br />
+ <span class="indent">Dein Schmerz und deine Lust lag immer schon in dir verschlossen wie in einem Schrein,</span><br />
+ <span class="indent">Und nichts, was jemals war und wird, das nicht schon immer dein.</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>
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+ <title>Vorfrühling</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Vorfrühling</h3>
+
+<p>
+ <span class="indent">In dieser Märznacht trat ich spät aus meinem Haus.</span><br />
+ <span class="indent">Die Straßen waren aufgewühlt von Lenzgeruch und grünem Saatregen.</span><br />
+ <span class="indent">Winde schlugen an. Durch die verstörte Häusersenkung ging ich weit hinaus</span><br />
+ <span class="indent">Bis zu dem unbedecktem Wall und spürte: meinem Herzen schwoll ein neuer Takt entgegen.</span>
+</p>
+
+<p>
+ <span class="indent">In jedem Lufthauch war ein junges Werden ausgespannt.</span><br />
+ <span class="indent">Ich lauschte, wie die starken Wirbel mir im Blute rollten.</span><br />
+ <span class="indent">Schon dehnte sich bereitet Acker. In den Horizonten eingebrannt</span><br />
+ <span class="indent">War schon die Bläue hoher Morgenstunden, die ins Weite führen sollten.</span>
+</p>
+
+<p>
+ <span class="indent">Die Schleusen knirschten. Abenteuer brach aus allen Fernen.</span><br />
+ <span class="indent">Ueberm Kanal, den junge Ausfahrtwinde wellten, wuchsen helle Bahnen,</span><br />
+ <span class="indent">In deren Licht ich trieb. Schicksal stand wartend in umwehten Sternen.</span><br />
+ <span class="indent">In meinem Herzen lag ein Stürmen wie von aufgerollten Fahnen.</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>
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+ <title>Resurrectio</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Resurrectio</h3>
+
+<p>
+ <span class="indent">Flut, die in Nebeln steigt. Flut, die versinkt.</span><br />
+ <span class="indent">O Glück: das große Wasser, das mein Leben überschwemmte, sinkt, ertrinkt.</span><br />
+ <span class="indent">Schon wollen Hügel vor. Schon bricht gesänftigt aus geklärten Strudeln Fels und Land.</span><br />
+ <span class="indent">Bald wehen Birkenwimpel über windgesträhltem Strand.</span><br />
+ <span class="indent">O langes Dunkel. Stumme Fahrten zwischen Wolke, Nacht und Meer.</span><br />
+ <span class="indent">Nun wird die Erde neu. Nun gibt der Himmel aller Formen zarten Umriß her.</span><br />
+ <span class="indent">Herzlicht von Sonne, das sich noch auf gelben Wellen bäumt&nbsp;&ndash;</span><br />
+ <span class="indent">Bald kommt die Stunde, wo dein Gold in grünen Frühlingsmulden schäumt&nbsp;&ndash;</span><br />
+ <span class="indent">Schon tanzt im Feuerbogen, den der Morgen übern Himmel schlägt,</span><br />
+ <span class="indent">Die Taube, die im Mund das Ölblatt der Verheißung trägt.</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>
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+ <title>Sommer</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Sommer</h3>
+
+<p>
+ <span class="indent">Mein Herz steht bis zum Hals in gelbem Erntelicht wie unter Sommerhimmeln schnittbereites Land.</span><br />
+ <span class="indent">Bald läutet durch die Ebenen Sichelsang: mein Blut lauscht tief mit Glück gesättigt in den Mittagsbrand.</span><br />
+ <span class="indent">Kornkammern meines Lebens, lang verödet, alle eure Tore sollen nun wie Schleusenflügel offen stehn,</span><br />
+ <span class="indent">Ueber euern Grund wird wie Meer die goldne Flut der Garben gehn.</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>
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+ <title>Form ist Wollust</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Form ist Wollust</h3>
+
+<p>
+ <span class="indent">Form und Riegel mußten erst zerspringen,</span><br />
+ <span class="indent">Welt durch aufgeschlossne Röhren dringen:</span><br />
+ <span class="indent">Form ist Wollust, Friede, himmlisches Genügen,</span><br />
+ <span class="indent">Doch mich reißt es, Ackerschollen umzupflügen.</span><br />
+ <span class="indent">Form will mich verschnüren und verengen,</span><br />
+ <span class="indent">Doch ich will mein Sein in alle Weiten drängen &ndash;</span><br />
+ <span class="indent">Form ist klare Härte ohn' Erbarmen,</span><br />
+ <span class="indent">Doch mich treibt es zu den Dumpfen, zu den Armen,</span><br />
+ <span class="indent">Und in grenzenlosem Michverschenken</span><br />
+ <span class="indent">Will mich Leben mit Erfüllung tränken.</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>
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+ <title>Der Aufbruch</title>
+</head>
+<body>
+
+<h3>Der Aufbruch</h3>
+
+<p>
+ <span class="indent">Einmal schon haben Fanfaren mein ungeduldiges Herz blutig gerissen,</span><br />
+ <span class="indent">Daß es, aufsteigend wie ein Pferd, sich wütend ins Gezäum verbissen.</span><br />
+ <span class="indent">Damals schlug Tamburmarsch den Sturm auf allen Wegen,</span><br />
+ <span class="indent">Und herrlichste Musik der Erde hieß uns Kugelregen.</span><br />
+ <span class="indent">Dann, plötzlich, stand Leben stille. Wege führten zwischen alten Bäumen.</span><br />
+ <span class="indent">Gemächer lockten. Es war süß, zu weilen und sich versäumen,</span><br />
+ <span class="indent">Von Wirklichkeit den Leib so wie von staubiger Rüstung zu entketten,</span><br />
+ <span class="indent">Wollüstig sich in Daunen weicher Traumstunden einzubetten.</span><br />
+ <span class="indent">Aber eines Morgens rollte durch Nebelluft das Echo von Signalen,</span><br />
+ <span class="indent">Hart, scharf, wie Schwerthieb pfeifend. Es war wie wenn im Dunkel plötzlich Lichter aufstrahlen.</span><br />
+ <span class="indent">Es war wie wenn durch Biwakfrühe Trompetenstöße klirren,</span><br />
+ <span class="indent">Die Schlafenden aufspringen und die Zelte abschlagen und die Pferde schirren.</span><br />
+ <span class="indent">Ich war in Reihen eingeschient, die in den Morgen stießen, Feuer über Helm und Bügel,</span><br />
+ <span class="indent">Vorwärts, in Blick und Blut die Schlacht, mit vorgehaltnem Zügel.</span><br />
+ <span class="indent">Vielleicht würden uns am Abend Siegesmärsche umstreichen,</span><br />
+ <span class="indent">Vielleicht lägen wir irgendwo ausgestreckt unter Leichen.</span><br />
+ <span class="indent">Aber vor dem Erraffen und vor dem Versinken</span><br />
+ <span class="indent">Würden unsre Augen sich an Welt und Sonne satt und glühend trinken.</span>
+</p>
+
+</body>
+</html>