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+
+ <title>Morgens</title>
+
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_3">Morgens</h1>
+
+ <p>Ein starker Wind sprang empor.<br />
+ Öffnet des eisernen Himmels blutende Tore.<br />
+ Schlägt an die Türme.<br />
+ Hellklingend laut geschmeidig über die eherne Ebene der Stadt.<br />
+ Die Morgensonne rußig. Auf Dämmen donnern Züge.<br />
+ Durch Wolken pflügen goldne Engelpflüge.<br />
+ Starker Wind über der bleichen Stadt.<br />
+ Dampfer und Kräne erwachen am schmutzig fließenden Strom.<br />
+ Verdrossen klopfen die Glocken am verwitterten Dom.<br />
+ Viele Weiber siehst du und Mädchen zur Arbeit gehn.<br />
+ Im bleichen Licht. Wild von der Nacht. Ihre Röcke wehn.<br />
+ Glieder zur Liebe geschaffen.<br />
+ Hin zur Maschine und mürrischem Mühn.<br />
+ Sieh in das zärtliche Licht.<br />
+ In der Bäume zärtliches Grün.<br />
+ Horch! Die Spatzen schrein.<br />
+ Und draußen auf wilderen Feldern<br />
+ singen Lerchen.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Der Morgen des Philosophen</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_4">Der Morgen des Philosophen</h1>
+
+ <p>Er spricht: »Nicht ängstlich an Gestaden<br />
+ Auf offnem Meere will ich baden<br />
+ (Ha! der Vergleich ist ein gewagter!):<br />
+ Ich werde frei vom Frohn der Zeiten<br />
+ Zum kosmisch-schöpferischen schreiten.«<br />
+ (Kosmisch, sagt er.)<br />
+ Er wandelt kühn um seinen Tisch, er wandelt schon die ganze Nacht<br />
+ Wohl in dem gelben Lampenlicht<br />
+ Das jetzt am blauen Tag zerbricht<br />
+ (Die ganze Nacht hat er umgebracht!<br />
+ So ein Kerl!)</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Klage</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_5">Klage</h1>
+
+ <p>Wird denn die Sonne alle Träume morden,<br />
+ Die blassen Kinder meiner Lustreviere?<br />
+ Die Tage sind so still und grell geworden<br />
+ Erfüllung lockt mit wolkigen Gesichten.<br />
+ Mich packt die Angst, daß ich mein Heil verliere.</p>
+
+ <p>Wie wenn ich ginge, meinen Gott zu richten.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Zweifel</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_6">Zweifel</h1>
+
+ <p>Da diese Nächte uns nur Morgen sind<br />
+ Für Feuertage, die wir nicht erkennen,<br />
+ Darf ich in trüber Luft, als blödes Kind,<br />
+ Verängstigt noch um Liebesstunden flennen.</p>
+
+ <p>Schon zucken Stadt und Meer vor Himmelssöhnen,<br />
+ Die ihre ersten Zornespfeile senden,<br />
+ Im Lampenlicht schon Helle; dieses Dröhnen<br />
+ Verlorner Nächte spricht von Mittagsbränden.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Weltende</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_7">Weltende</h1>
+
+ <p>Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,<br />
+ In allen Lüften hallt es wie Geschrei.<br />
+ Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei<br />
+ Und an den Küsten &ndash; liest man &ndash; steigt die Flut.</p>
+
+ <p>Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen<br />
+ An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.<br />
+ Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.<br />
+ Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Varieté</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_8">Varieté</h1>
+
+ <h2 class="not_in_toc">I<br />
+ Loge</h2>
+
+ <p>Ein Walzer rumpelt; geile Geigen kreischen;<br />
+ Die Luft ist weiss vom Dunst der Zigaretten;<br />
+ Es riecht nach Moschus, Schminke, Wein, nach fetten<br />
+ Indianern und entblössten Weiberfleischen.</p>
+
+ <p>Ah! Schwimmen in der dicken Luft die vielen<br />
+ Dämlichen Köpfe, die ins Helle glotzen?<br />
+ Drei Weiber lässt man auf der Bühne spielen,<br />
+ Die süsslich mit gemeinen Gesten protzen.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">II<br />
+ Der Athlet</h2>
+
+ <p>Und der Athlet tritt auf und staunen kannst de,<br />
+ Wie er ein Brett mit seiner Faust zerhaut.<br />
+ Er geht einher mit ungeheurem Wanste<br />
+ Und feistem Arm und Nacken, schweissbetaut.</p>
+
+ <p>Und kurze Hosen schlottern um die Beinchen,<br />
+ Die sind zu dünnen Stöckchen deformiert.<br />
+ Prunkende Seide seine Füsschen ziert.<br />
+ Ach! sind die niedlich! Wie zwei rosa Schweinchen.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">III<br />
+ Der Humorist</h2>
+
+ <p>Ein alter Mann in einem neuen Fracke<br />
+ Plärrt jetzt seine Liebesabenteuer.<br />
+ Und besonders nach gewissen neuern<br />
+ Abenteuern,<br />
+ Spricht er, gleiche er dem Wracke,<br />
+ Das auf den Wellen wackle ohne Rast,<br />
+ Der Winds-»Braut« preisgegeben, ohne Steuer,<br />
+ Sogar mit halb verfaultem »Mast«.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">IV<br />
+ Tanz</h2>
+
+ <p>Ein kleines Mädchen mit gebrannten Löckchen<br />
+ In einem Hemd ganz himmelblau –<br />
+ Die blossen Beine trippeln ohne Söckchen.<br />
+ Sie singt: »Ach, tu mir nichts zuleide!<br />
+ Ach Du! Heut werd ich Deine Frau.</p>
+
+ <p>«Dann tanzt sie gierig und mit Chic<br />
+ Zu einer holprigen Musik.<br />
+ Und durch die Wirbel blauer Seide<br />
+ Siehst de den jungen Leib genau.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">V<br />
+ Die Inderin</h2>
+
+ <p>Sie hebt den dünnen Arm; da duckt zum Sprunge<br />
+ Das dunkle Pantherpaar, durch sieben Reifen<br />
+ Fährt es hindurch mit elegantem Schwunge.</p>
+
+ <p>Und ihre bösen starken Pranken streifen<br />
+ (Wenn sie verwirrt zurück zum Käfig taumeln)<br />
+ Die Perlenschnüre, die …&nbsp;von einem lila Gurte&nbsp;…<br />
+ Um ihrer nackten Herrin Hüften baumeln.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">VI<br />
+ Ballet</h2>
+
+ <p>Neger schlenkern aufrecht mit den Beinen,<br />
+ Auf dem Rumpfe gelbliche Trikots.<br />
+ Und dazwischen tanzen unsere frechen kleinen<br />
+ Weiber blond und nackend; ganz famos<br />
+ Angezogen:<br />
+ Nur mit goldenen Stöckelschuhn,<br />
+ Mit denen sie die fauchenden Athleten<br />
+ Behende in die dicken Nasen treten.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">VII<br />
+ Die Soubrette</h2>
+
+ <p>Ein Weibsbild kommt als Jägersmann<br />
+ Und schiesst auf ihrer Flinten.<br />
+ Und sieht sich einen Vogel an<br />
+ Und zeigt sich uns von hinten.</p>
+
+ <p>Ihr Hintern biegt sich unerhört<br />
+ Auf Beinen stramm wie Säulen.<br />
+ Sie singt: »Mich hat die Lieb verstört<br />
+ Juchhei! im grünen Walde …«</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">VIII<br />
+ Die Tänzerin</h2>
+
+ <p>Wie mich die zärtlichen Gelenke rühren,<br />
+ Dein magrer Nacken, Deiner Kniee Biegen!<br />
+ Ich zürne fast. Werde ich Dir erliegen?<br />
+ Wirst Du zu jenem Traum zurück mich führen,</p>
+
+ <p>Den ich als Knabe liebend mir erbaute<br />
+ Aus süssen Versen und dem Spiel der schönen<br />
+ Schauspielerinnen, linden Geigentönen<br />
+ Und Idealen, die ich klaute?</p>
+
+ <p>Ach! keine fand ich jenem Traume gleich,<br />
+ Ich musste weinend Weib um Weib vermeiden,<br />
+ Ich war verbannt zu unermessnen Leiden,<br />
+ Und hasse jenen Traum. Ich spähe bleich,</p>
+
+ <p>Und sorgsam späh ich wie Dein Leib sich wende,<br />
+ Nach jeder Fehle, die im Tanz du zeigst,<br />
+ Ich bin dir dankbar, da du doch am Ende<br />
+ Mit einem blöden Lächeln dich verneigst.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">IX<br />
+ Schluss: Kinematograph</h2>
+
+ <p>Der Saal wird dunkel. Und wir sehn die Schnellen<br />
+ Der Ganga, Palmen, Tempel auch des Brahma,<br />
+ Ein lautlos tobendes Familiendrama<br />
+ Mit Lebemännern dann und Maskenbällen.</p>
+
+ <p>Man zückt Revolver, Eifersucht wird rege,<br />
+ Herr Piefke duelliert sich ohne Kopf.<br />
+ Dann zeigt man uns mit Kiepe und mit Kropf<br />
+ Die Älplerin auf mächtig steilem Wege.</p>
+
+ <p>Es zieht ihr Pfad sich bald durch Lärchenwälder,<br />
+ Bald krümmt er sich und dräuend steigt die schiefe<br />
+ Felswand empor. Die Aussicht in der Tiefe<br />
+ Beleben Kühe und Kartoffelfelder.</p>
+
+ <p>Und in den dunklen Raum – mir ins Gesicht –<br />
+ Flirrt das hinein, entsetzlich! nach der Reihe!<br />
+ Die Bogenlampe zischt zum Schluss nach Licht –<br />
+ Wir schieben geil und gähnend uns ins Freie.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">X<br />
+ Draussen</h2>
+
+ <p>Die Sommernacht ist schwer nur zu ertragen!<br />
+ Vier Herren gehn mit abgeknöpftem Kragen.<br />
+ Ein Lackbeschuhter stelzt der Schnepse nach ...<br />
+ Da polterts her – Ein langgedehnter Krach:<br />
+ Der Donner!<br />
+ Au!<br />
+ Ist die Reklame plump,<br />
+ Blitz!<br />
+ Ein feiner Mensch liebt nicht den lauten Mum-<br />
+ pitz!<br />
+ Das klingt ja ganz, als ob der dicke nackte<br />
+ Weltgeist<br />
+ Ganz vertrackte Katarakte im Tackte kackte.</p>
+
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Die Himmelsschlange</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_9">Die Himmelsschlange</h1>
+
+ <p>Sonne glüht und Nächte schweigen,<br />
+ Aus den hellen Fenstern steigen<br />
+ Die Gespenster,<br />
+ Unzucht treibend<br />
+ In der Luft.<br />
+ Und die Stadt<br />
+ Verhüllt der Duft<br />
+ Ihrer Schnapsgesichter.</p>
+
+ <p>»Laßt uns durch die großen Hallen<br />
+ Der betörten Himmel wallen;<br />
+ Denn der Mond ist doch schon fern.<br />
+ Es verglomm der Grimm der Sterne.<br />
+ Ist es Funkel, ist es dunkel,<br />
+ Ist es Sang, Gebet, Gemunkel,<br />
+ Sind's Paläste oder Plunder?<br />
+ Schweigt, wir sind im Reich der Wunder.«</p>
+
+ <p>Hunderttausend Heere ziehen<br />
+ Durch die Wolkenplane.<br />
+ Hunderttausend Freunde fliehen<br />
+ Vor der Wolken Karawane.<br />
+ Ach, dem Denker wird es übel,<br />
+ Der das Heut' bedenken soll.<br />
+ Steckt ihn in den Wasserkübel.<br />
+ Er ist toll.</p>
+
+ <p>Die Wolken winden sich wie Leinentuch,<br />
+ Im Himmel spür' ich gräßliche Exzesse.<br />
+ Die Engel fürchten sich vor Gottes Fluch<br />
+ Und haben Zigaretten in der Fresse.</p>
+
+ <p>Denn Luzifer ist heute eingeladen<br />
+ Und geht mit einem sicherlich zu Bett.<br />
+ Durch sieben Himmel zieht in dicken Schwaden<br />
+ Dampf von Tabak und Armesünder-Fett.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Der Oberlehrer</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_10">Der Oberlehrer</h1>
+
+ <p>Gewaltig hockt er auf dem Tisch und spricht<br />
+ Von Theben und Athen, heut nachmittag.<br />
+ Ein grauer Schurrbart starrt durch sein Gesicht<br />
+ Er riecht nach saurem Brot und nach Tobak.</p>
+
+ <p>Sein kahles Haupt umwettert der Gedanke<br />
+ Von Theben heiliger Schaar, von Pindar spricht er<br />
+ Der Primus reibt sich an der alten Banke<br />
+ Die meisten machen willige Gesichter.</p>
+
+ <p>Er spricht von Theben heute nachmittag<br />
+ Einige heben ihre kleinen Hände,<br />
+ Einige kitzeln leise sich am Sack<br />
+ Und gucken schläfrig auf die leeren Wände.</p>
+
+ <p>»Wer hat soeben auf den Tisch gehauen?«<br />
+ Durch die betrübten Fenster schimmern Wolken.<br />
+ Die Jungen sitzen staunend und verdauen. &ndash;<br />
+ Der Lehrer wird jetzt in der Nase polken.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Italien</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_11">Italien</h1>
+
+ <h2 class="not_in_toc">I</h2>
+
+ <p>Laß ab mit Gesten trauriger Poeten<br />
+ In Reim und Wohllaut sinnig zu verklingen,<br />
+ Du brauchst auch nicht als schlauster der Propheten<br />
+ Probleme lösend, nach Erlösung ringen.</p>
+
+ <p>Hier spreizen sich die keck zum Dom verpraßten<br />
+ Rundbogen, Mosaiken, Marmorquasten.<br />
+ Venedigs Lüfte kitzeln deine Haut.</p>
+
+ <p>Auf Säulchen tronen hier Geflügelgreife.<br />
+ Steinerne Löwen heben ihre Schweife.<br />
+ Ein Dampfer kommt und raucht und tutet laut.</p>
+
+ <p>Und leise staunend gondle durch die Buntheit,<br />
+ Nur noch zu sanften Räuschen der Gesundheit<br />
+ Sahst du am Ligo tausend Weiber nackt?</p>
+
+ <p>O, lobe die Lagunen, die so stinken,<br />
+ In süße Tage wirst du bald versinken<br />
+ Vergnügt, Genießer, oft befrackt.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">II</h2>
+
+ <p>So ward er klug und hat sich tief entzückt<br />
+ An jedem Dinge, das ihn angeblickt.</p>
+
+ <p>An jedem Hauch, der ihn aus Gärten anweht,<br />
+ An jedem Heldengauch, der ihn nichts angeht.</p>
+
+ <p>Am weißen Tag und purpurnen Geweben,<br />
+ Und Bildern keusch und bunt, an Dunst und Tal,<br />
+ An wilden Kirchen, wo die Engel schweben,<br />
+ Am festgefügten schweigenden Portal!</p>
+
+ <p>Nun steht er da auf einem breiten Platze,<br />
+ Und weiß nicht mehr; zu welchem Wunder wandern.<br />
+ Die Häuser prunken eines wie die andern,<br />
+ Die Sonne glüht als fette Feuerglatze.</p>
+
+ <p>Ja, hätt' ich Feinde zu endlosen Kämpfen,<br />
+ Ließe mein Haß mich viele Straßen gehen.<br />
+ Hat nicht den Teufel mit den Schwefeldämpfen<br />
+ Sich Gott zum Zeitvertreib einst angestellt?</p>
+
+ <p>Er steht und grübelt, seine Sinne flehen:<br />
+ Entdecke dir die Häßlichkeit der Welt.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">III</h2>
+
+ <p>Doch ein Palast stand huldvoll in Florenz,<br />
+ Er hob sich starr in steile Sonnengluten<br />
+ Mit reichem runden, steinernen Gekränz,<br />
+ Sein Tor verzierten wuchtige Voluten.</p>
+
+ <p>Er sprach: »O Mensch! du weißt doch, was wir lehren!<br />
+ Gebildeter! schon Goethe hat erkannt es:<br />
+ Wer wird das Leben unnütz sich erschweren!<br />
+ Man stell sich auf und sei was imposantes.</p>
+
+ <p>Du aber liebst dir das Geabenteure,<br />
+ Du blickst bedenklich selbst zur schönsten Zinnung.<br />
+ Lockt dich der Hohn der Zweifel und das Neure?<br />
+ An meinen Quadern scheitre deine Sinnung.</p>
+
+ <p>Entschließe dich, auf Goethens Pfad zu schreiten<br />
+ Mit Männertritt und würdig froh gelaunt!</p>
+
+ <p>Sein weißer Schlafroch glänzt durch die Gezeiten.«<br />
+ Sprach der Palast. Ich war nicht schlecht erstaunt.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">IV</h2>
+
+ <p>Der Mittag kam mit Staub und sehr viel Hitze,<br />
+ Ich tat mich langsam auf das Kanapee.<br />
+ Nun liegst du da, du stilisierter Fritze,<br />
+ Das ist bequemer als am Gardasee<br />
+ Landschaft zu schlürfen, oder zu Firenze<br />
+ Die Hallen Michelozzos, Frühlingstänze<br />
+ Des Sandro Botticelli oder sowas.<br />
+ Ach bleib, ach bleib, Genießer, ohne Ende,<br />
+ Zu schnarchen hier, im Lustrevier des Sofas!</p>
+
+ <p>Ich gähnte stolz. So stürze dich verwegen,<br />
+ Toll, ja toll, mit jauchzendem Munde,<br />
+ Den Kopf durch die Wände<br />
+ Deinen gefährlichsten Wünschen entgegen.<br />
+ So sprach zu mir die allerstillste Stunde.<br />
+ Und kein Klavier, kein Baby hat<br />
+ Geschrien im ganzen Haus.<br />
+ Und die Sonne, die Sonne lag über der Stadt,<br />
+ Und brütete Wanzen aus.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">V</h2>
+
+ <p>So waren wir auch in Italien Gäste,<br />
+ Und haben dort so manchen Tag verschlafen.<br />
+ Wir tranken Wein in Kinematographen,<br />
+ Und krochen durch die Gärten und Paläste.</p>
+
+ <p>Und gaben manchmal uns den ungestümen<br />
+ Façaden hin, Gewölben und Kapellen,<br />
+ Schlanken Pilastern und den ungetümen<br />
+ Und dicken süßen Leibern in Bordellen.</p>
+</body>
+</html>
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+ <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" />
+ <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+
+ <title>Legende</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_12">Legende</h1>
+
+ <p>In Indien &ndash; sagt man &ndash; weint der Mond Kristalle,<br />
+ Den schattenloser schwerer Traum umwand.<br />
+ Und wer des Mondes Träne drunten fand,<br />
+ Der geht gefeit vor Tod und jähem Falle.</p>
+
+ <p>Nun mag die Pest der Völker Leiber fretzen<br />
+ Und Hunger sie auf Wegen müde hetzen.<br />
+ Er aber quert die Nacht und die Gewimmer,<br />
+ In Händen haltend nie versiegten Schimmer.</p>
+</body>
+</html>
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+<head>
+ <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" />
+ <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+
+ <title>Nacht</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_13">Nacht</h1>
+
+ <h2 class="not_in_toc">I</h2>
+
+ <p>Und Schmock im Rock<br />
+ Und Mann in Bart,<br />
+ Jetzt in der Bar<br />
+ Zu Paaren gepaart<br />
+ Und bunter Plunder<br />
+ Und Strümpfchen verflucht<br />
+ Seid ihr das Wunder,<br />
+ Das heut ich gesucht?</p>
+
+ <p>Wir suchten auf Straßen<br />
+ Auf und ab. Auf und ab.<br />
+ Wir standen und saßen<br />
+ Und liefen im Trab.<br />
+ Ganz über die Maßen<br />
+ Erwartungsvoll<br />
+ Jetzt ist das Lokal verjohlt und voll.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">II</h2>
+
+ <p>Es hebt sich ein rosa Gesicht<br />
+ Von der Wand<br />
+ Es strahlt ein verwegenes Licht<br />
+ Von der Wand<br />
+ Es kracht mir der Schädel<br />
+ Beim Anblick der Wand<br />
+ Es träumt mir ein Mädel<br />
+ Beim Anblick der Wand</p>
+
+ <p>O Wand, die in meine leblosen Stunden starrt<br />
+ Wand, Wand, die meine Seele mit Wunder genarrt<br />
+ Mit Langweile und grünlichem Kalk<br />
+ Mein Freund. Meiner Wünsche Dreckkatafalk.</p>
+
+ <p>Soeben erscheint mir der Mond<br />
+ An der Wand.<br />
+ Es zeigt mir Herrn Cohn seine Hand<br />
+ An der Wand.<br />
+ Es schnattert wie Schatten<br />
+ Pretiös an der Wand.</p>
+
+ <p>Verflucht an der Wand!<br />
+ Und heut an der Wand!<br />
+ Was stehen denn so viel Leut<br />
+ An der Wand?</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">III</h2>
+
+ <p>Ja ich träume. Eine Tasse<br />
+ Steht auf einem Tische rund,<br />
+ Ach was ist denn diese crasse<br />
+ Sache, die ich sehend hasse?<br />
+ Tut sie nicht ein Wunder kund?!</p>
+
+ <p>Ja ich werde mich begnügen<br />
+ Daß es solch ein Ding noch gibt<br />
+ Das sich nicht mit Engelsflügen<br />
+ Aufwärts hebt und fortbegibt.</p>
+
+ <p>Schließlich könnten Teller schweben<br />
+ Stühle streckend alle vier<br />
+ Beine aufwärts wie Epheben<br />
+ Gott, mein Gott, ich danke Dir.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">IV</h2>
+
+ <p>Man fühlt sich dreckig und verlaust<br />
+ Und träumt verwegen in den Morgenradau<br />
+ Ein altes Weib hat auch gesungen<br />
+ Wiegend die Brust. Ein Lockruf der Liebe.</p>
+
+ <p>Was war er früher so wohlvertraut<br />
+ Der kranke Schimmel &ndash; vom Fenster aus<br />
+ Heut trübt er mir die Abgedanken.<br />
+ Ein grauer Wirbel. Man gähnt und träumt.</p>
+
+ <p>Vom gestrigen Abend, dem Tatenheld<br />
+ Der Auto tückisch ins Zimmer schrie<br />
+ Sterne wie Frauen und lumpige Stunden<br />
+ Hat mir der schlampige Herr versprochen.</p>
+
+ <p>Nun bin ich dreckig und fast verlaust<br />
+ Und steige betrübt in den Morgenzug.<br />
+ Ein Philosoph hat auch geredet<br />
+ Wiegend die Brust. Ein liebreicher Herr.</p>
+</body>
+</html>
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+ <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" />
+ <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+
+ <title>Tohub</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_14">Tohub</h1>
+
+ <p>Drei Männlein singen in der Höhe<br />
+ Den gräßlichen Gesang:<br />
+ Hast de Wanzen, Lause, Flöhe,<br />
+ Wird die Zeit dir gar nicht lang.</p>
+
+ <p>Immer hast de was zu knacken,<br />
+ Es krabbelt hier und da.<br />
+ Darfst packen und darfst zwacken &ndash;<br />
+ O je! Halleluja!</p>
+
+ <p>Was soll die Langeweile,<br />
+ Wo edel du verkommst.<br />
+ Minute wird zur Meile,<br />
+ Du siehst nur Zeit und brommst.</p>
+
+ <p>Auf dem Schädel hörst du die Haare.<br />
+ Hinter den Ohren wächst dir Gras,<br />
+ Dein Kiefer wird zur Knarre,<br />
+ Schwer ächzend durch die Jahre<br />
+ Auf und ab ohn' Unterlaß.</p>
+
+ <p>Drei Männlein singen in der Höhe<br />
+ Den gräßlichen Gesang:<br />
+ Hast de Wanzen, Lause, Flöhe,<br />
+ Wird dir die Zeit nicht lang.</p>
+
+ <p>Sie stiegen auf im Morgenrot<br />
+ Und sangen Tag und Nacht,<br />
+ Und störten Mittag- und Abendbrot<br />
+ Und Luft und Erde kracht.</p>
+</body>
+</html>
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+ <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+
+ <title>Der Idealist</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_15">Der Idealist</h1>
+
+ <p>Zerknautschte Jungfrau mit den Hängebrüsten,<br />
+ Gedenkst du noch? Ich traf dich in der Tram.<br />
+ Und wie wir uns am Lützowplatze küssten?<br />
+ Ein Schutzmann schob sich drohend übern Damm.</p>
+
+ <p>»Natur! Natur! für fünf Mark siebzig!<br />
+ »Das Männchen schenkt …&nbsp;das Weibchen winkt …<br />
+ »Man träumt nicht erst und stellt verliebt sich …<br />
+ »Tja! Wir sind ehrlich zum Instinkt.«</p>
+
+ <p>Doch ach! Sie fand, es sei zu billig,<br />
+ Das hat sie vor ihr selbst geniert.<br />
+ Er &ndash; hat in ihres Hemdes Drillich<br />
+ Von Seidenhöschen phantasiert.</p>
+
+ <p>Darauf, obzwar auf der Treppe vor einem<br />
+ Tripper noch düstere Angst ihn durchfuhr,<br />
+ Schwor er ohne Reue Treue<br />
+ Dennoch nochmals trotzig seinem<br />
+ Losungswort Natur! Natur!</p>
+
+</body>
+</html>
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+ <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+
+ <title>Der Freund</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_16">Der Freund</h1>
+
+ <p>Ich stieß den Dolch ihm in die Eingeweide &ndash;<br />
+ Am Boden standen blanke Pfützen Blut.<br />
+ Eh war noch Lärm, jetzt hüllt uns Schweigen beide.<br />
+ Ich staunte wie ein Kind. Denn von der Wut<br />
+ Des Suchens nach verlornen Paradiesen<br />
+ War jede Kunde tot. Der Mittag dehnte<br />
+ Sich selig auf der Höfe kahlen Fliesen.<br />
+ Gewaltig war der Tag, wie ihn sein toter Freund ersehnte.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Andante</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_17">Andante</h1>
+
+ <p>Auf blühen Papierwiesen<br />
+ Leuchtend und grün<br />
+ Da stehen drei Kühe<br />
+ Und singen kühn:</p>
+
+ <p>»O Wälder, o Wolken<br />
+ »O farbige Winde<br />
+ »Wir werden gemolken<br />
+ »Geschwinde, geschwinde …</p>
+
+ <p>»In goldene Eimer<br />
+ »Fließt unser Saft<br />
+ »In farbige Reimer<br />
+ »Ergießt unsere Kraft</p>
+
+ <p>»Wir stehen hier, im Chor beisammen,<br />
+ »Auf knotigem Beine<br />
+ »Und die Kräfte der Erde sind<br />
+ »Angesammelt zu frohem Vereine.«</p>
+
+ <p>Sie bocken bei Tag und sie trillern bei Nacht.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Aurora</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_18">Aurora</h1>
+
+ <p>Nach Hause stiefeln wir verstört und alt,<br />
+ Die grelle, gelbe Nacht hat abgeblüht.<br />
+ Wir sehn, wie über den Laternen, kalt<br />
+ Und dunkelblau, der Himmel droht und glüht.</p>
+
+ <p>Nun winden sich die langen Straßen, schwer<br />
+ Und fleckig, bald, im breiten Glanz der Tage.<br />
+ Die kräftige Aurore bringt ihn her,<br />
+ Mit dicken, rotgefrorenen Fingern, zage.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Couplet</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_19">Couplet</h1>
+
+ <p>Bladdy Groth<br />
+ War ein Mädchen von zartem Geblüt,<br />
+ Bladdy Groth, Bladdy Groth ist tot.<br />
+ Bladdy Groth war ein Mädchen von keuschem Geblüt<br />
+ Und sie hat doch für viele Männer geglüht<br />
+ Und keiner hat sich umsonst gemüht<br />
+ Bladdy Groth, Bladdy Groth, Bladdy Groth.</p>
+
+ <p>Und die sang, und sie spielte und tanzte zur Nacht<br />
+ Und sie hat mich dort öfters ausgelacht<br />
+ Bladdy Groth, Bladdy Groth ist tot.</p>
+
+ <p>Und was haben wir alles mit ihr nicht gemacht<br />
+ Und sie hat sich doch gar nichts dabei gedacht<br />
+ Bladdy Groth, Bladdy Groth, Bladdy Groth.</p>
+
+ <p>Und ihr Nacken, er war wie von Küssen verzehrt<br />
+ Und sie hat sich doch vor niemand gewehrt<br />
+ Bladdy Groth, Bladdy Groth, Bladdy Groth.<br />
+ Und die Augen, die schossen Blitze blau<br />
+ Und ihr Kleid war meistens auch himmelblau<br />
+ Und heut ist zu der Engel Frau<br />
+ Bladdy Groth, Bladdy Groth, Bladdy Groth.<br />
+ Ah, wie werden die geflügelten Lucifere ihr zusehn,<br />
+ Wenn sie mit den Engeln tengelntateratata.<br />
+ Ob es im Himmel, Bladdy Groth! Bladdy Groth!<br />
+ Wohl Sekt gibt?</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Der Todesengel</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_20">Der Todesengel</h1>
+
+ <h2 class="not_in_toc">I</h2>
+
+ <p>Mit Trommelwirbeln geht der Hochzeitszug,<br />
+ In seid'ner Sänfte wird die Braut getragen,<br />
+ Durch rote Wolken weißer Rosse Flug,<br />
+ Die ungeduldig gold'ne Zäume nagen.</p>
+
+ <p>Der Todesengel harrt in Himmelshallen<br />
+ Als wüster Freier dieser zarten Braut.<br />
+ Und seine wilden, dunklen Haare fallen<br />
+ Die Stirn hinab, auf der der Morgen graut.</p>
+
+ <p>Die Augen weit, vor Mitleid glühend offen<br />
+ Wie trostlos starrend hin zu neuer Lust,<br />
+ Ein grauenvolles, nie versiegtes Hoffen,<br />
+ Ein Traum von Tagen, die er nie gewußt.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">II</h2>
+
+ <p>Er kommt aus einer Höhle, wo ein Knabe<br />
+ Ihn als Geliebte wunderzart umfing.<br />
+ Er flog durch seinen Traum als Schmetterling<br />
+ Und ließ ihn Meere sehn als Morgengabe.</p>
+
+ <p>Und Lüfte Indiens, wo an Fiebertagen<br />
+ Das greise Meer in gelbe Buchten rennt.<br />
+ Die Tempel, wo die Priester Cymbeln schlagen,<br />
+ Um Öfen tanzend, wo ein Mädchen brennt.</p>
+
+ <p>Sie schluchzt nur leise, denn der Schar Gesinge<br />
+ Zeigt ihr den Götzen, der auf Wolken thront<br />
+ Und Totenschädel trägt als Schenkelringe,<br />
+ Der Flammenqual mit schwarzen Küssen lohnt.</p>
+
+ <p>Betrunkne tanzen nackend zwischen Degen,<br />
+ Und einer stößt sich in die Brust und fällt.<br />
+ Und während blutig sich die Schenkel regen,<br />
+ Versinkt dem Knaben Tempel, Traum und Welt.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">III</h2>
+
+ <p>Dann flog er hin zu einem alten Manne<br />
+ Und kam ans Bett als grüner Papagei.<br />
+ Und krächzt das Lied: »O schmähliche Susanne!«<br />
+ Die längst vergeßne Jugendlitanei.</p>
+
+ <p>Der stiert ihn an. Aus Augen glasig blöde<br />
+ Blitzt noch ein Strahl. Ein letztes böses Lächeln<br />
+ Zuckt um das zahnlose Maul. Des Zimmers Öde<br />
+ Erschüttert jäh ein lautes Todesröcheln.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">IV</h2>
+
+ <p>Die Braut friert leise unterm leichten Kleide.<br />
+ Der Engel schweigt. Die Lüfte ziehn wie krank.<br />
+ Er stürzt auf seine Knie. Nun zittern beide.<br />
+ Vom Strahl der Liebe, der aus Himmeln drang.</p>
+
+ <p>Posaunenschall und dunkler Donner lachen.<br />
+ Ein Schleier überflog das Morgenrot.<br />
+ Als sie mit ihrer zärtlichen und schwachen<br />
+ Bewegung ihm den Mund zum Küssen bot.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Hymne</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_21">Hymne</h1>
+
+ <p>O Traum, Verdauung meiner Seele!<br />
+ Elendes combination womit ich vor Frost mich schütze!<br />
+ Zerstörer aller Dinge die mir feind sind;<br />
+ Aller Nachttöpfe,<br />
+ Kochlöffel und Litfaßsäulen …<br />
+ O du mein Schießgewehr.</p>
+
+ <p>In purpurne Finsternis tauchst du die Tage<br />
+ Alle Nächte bekommen violette Horizonte<br />
+ Meine Großmama Pauline erscheint als Astralleib<br />
+ Und sogar ein Herr Satanitätsrat<br />
+ Ein braver aber etwas zu gebildeter<br />
+ Sanitätsrat<br />
+ Wird mir wieder amüsant<br />
+ Er taucht auf aus seiner epheuumwobenen Ruhestätte<br />
+ &ndash; War es nicht soeben ein himmelblauer Ofenschirm<br />
+ (He Sie da!)<br />
+ Und gackt: »Sogar …<br />
+ (Frei nach Friedrich von Schiller)</p>
+
+ <p>O Traum, Verdauung meiner Seele<br />
+ O du mein Schießgewehr.<br />
+ Gick! Gack.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Indianisch Lied</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_22">Indianisch Lied</h1>
+
+ <div id="widmung">Lotte Pritzel gewidmet</div>
+
+ <p>Jetzt, Mädchen, sattle mein weißes Pferd,<br />
+ Ein Ritt, da der Nachtmahr den Mond bedrängt,<br />
+ Durch das dampfende Tal, da am Hexenherd<br />
+ Der Freund der Indianer am Galgen hängt.</p>
+
+ <p>Zwölf Rosse brachen unter mir zusammen.<br />
+ Zwölf Sonnen stürzten in den reißenden Strom ihre Flammen.<br />
+ Doch am dreizehnten Tag um Mitternacht<br />
+ Stand ich vor dem Toten und habe gelacht.</p>
+
+ <p>Ich blase die wütenden Totenfanfaren.<br />
+ Armer versoffener Freund, nun bist du gestorben!<br />
+ Ich bin der Indianer, der einst mit dir ritt,<br />
+ Auf manchem Kriegspfad nahmst du mich mit<br />
+ und wir haben die Länder und Leute verdorben,<br />
+ und ich halt die Trompet und blas,<br />
+ Faule Leiche, was grinst du so »monoise«,<br />
+ Wo ich siebzehn Mal vom Galgen dich schnitt?<br />
+ Ist meine Lust am Leben dir immer noch leid?</p>
+
+ <p>Doch der trampt auf im Galgentritt:<br />
+ Nu, warum blust de die Trompeit?</p>
+
+ <p>Jetzt baut man Ton des Weltgerichts,<br />
+ Und der Geist in den Lüften schreit.<br />
+ Doch du wohnst, wohin du dich sehntest, im Nichts,<br />
+ Und es tönt in den Höhen der Satansritt.</p>
+
+ <p>Doch der trampt auf im Galgentritt:<br />
+ Nu, warum blust de die Trompeit?</p>
+
+ <p>Du nanntest dich Pumperpuckel auf Erden,<br />
+ »Denn man muß als häßlicher Satan erscheinen«.<br />
+ Schüsse in Kneipen und Diebstahl von Pferden,<br />
+ Schmutziges Stöhnen in Häusern aus Steinen,<br />
+ Lächelnde Tage und ruchloses Weinen,<br />
+ Armselige Täuschung, die ich erlitt.<br />
+ Pumperpuckel, du hattest Einen.<br />
+ Hinter den Wolken das Mondlicht schreit.</p>
+
+ <p>Doch der trampt auf im Galgentritt:<br />
+ Nu, warum blust de die Trompeit?</p>
+
+ <p>Du, Schulmeister, sagtest: »Du denkst nur in Worten,<br />
+ Doch alle Worte sind Trug nur und Leid.<br />
+ Du, du denkst nur in Worten, in Taten und Orten,<br />
+ Da der Gott aller Wahrheit dein Reden bestritt,<br />
+ Und der Unsinn den Weg alles Sinnens verschneit.«<br />
+ Ich denke nicht Worte und rede doch mit,<br />
+ Und der Traum meines Daseins träumt Wahrheit und Traum.<br />
+ Das bleibt doch ein prächtiger Galgenschnitt,<br />
+ Was bleibst du nur hängen am hölzernen Baum,<br />
+ Wie sehr ich dich bitte: komm mit, komm mit?<br />
+ Heil! der geflügelte Morgenwind öffnete die Himmelspforten des Lebens weit!</p>
+
+ <p>Doch der trampt auf im Galgentritt:<br />
+ Nu, warum blust de die Trompeit?</p>
+
+ <p>Einen schallenden Gruß meinem alten Freund!<br />
+ Ein fester Galgen hält gut.<br />
+ Und wenn herbstlicher Strahl unsere Ebenen träumt<br />
+ Und den Vortraum des Winters in Zelten räumt,<br />
+ Viel Feuer, Wasser und Mut.<br />
+ Doch der weißen Rose vergesse ich nie,<br />
+ Die auf schwarzen Rossen einst kam.</p>
+
+ <p>Denn sie zwang ihren Krieger aufs zitternde Knie<br />
+ Und der Pfeil am Bogen ward lahm,<br />
+ Welt vergessen und Träume verhöhnen,<br />
+ Tode verachten im Walde der Tiere.<br />
+ Doch wie kann ich vergessen ein Lächeln der Schönen,<br />
+ Ihrer Augen nackte Wildheit und ihre<br />
+ Unberührte Brust!<br />
+ Jener Brand von Schönheit, der täglich die Welt verwirrt,<br />
+ Jene schattenhafte Trauer, die um meinen Wigwam abenteuert.<br />
+ Giftige Pfeile von der Rose der Brenta entsandt.<br />
+ Warum kennt mich der Tod und lockt mich vergebens?<br />
+ Warum bin ich heiter, wenn über endlosem Land<br />
+ Die dröhnende Sonne verbrennt wie am sagenhaften<br />
+ Abend des verendenden Lebens?</p>
+
+ <p>O Nacht zärtlicher Sterne Gefunkel<br />
+ In liebesklarer Luft<br />
+ Lebendigen Traumes Flammendunkel.<br />
+ Über schmalen Wegen der Bergeskluft,<br />
+ Hoch im Gebirg' in den eisigen Gipfeln ein Raunen.<br />
+ Musik der Seele. Tanz und Märchen erstaunen.</p>
+
+ <p>Mehr als zu sein und mehr als nicht zu sein!<br />
+ Wer darf den Leib denn denken, den er liebt!<br />
+ Wer darf vermessen durch die Wälder schrein,<br />
+ Daß Gott ihm nie den Tag der Schönheit gibt?</p>
+
+ <p>Farbiger Rauch steigt auf aus den Städten der Qual,<br />
+ Wo der weiße Bruder bedächtig die Tonpfeife raucht,<br />
+ Wie ein Feuer von Fieberträumen hingehaucht,<br />
+ Fern am lauernden Horizont.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Der Tag der Stadt</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_23">Der Tag der Stadt</h1>
+
+ <h2 class="not_in_toc">Am Abend</h2>
+
+ <p>Ach! die glitschig nasse Planke<br />
+ War ihm mächtig unbequem.<br />
+ Sass er doch auf einer Banke<br />
+ Und bedachte ein Problem.</p>
+
+ <p>Dachte, dachte; er war wichtig<br />
+ Denn er gab sich das Gebot:<br />
+ »Löse jene Frage richtig<br />
+ Oder mach dich, bitte, tot.«</p>
+
+ <p>In der Bülowstrasse war es.<br />
+ Ja, es war ein Abenteuer<br />
+ Heldisch war und voll Gefahr es<br />
+ Ward er dümmer? Ward er schläuer?</p>
+
+ <p>Ja! er sass auf einer Banke<br />
+ Und er hatte ein Problem<br />
+ Und die pitschenasse Planke<br />
+ Ward ihm auch sehr unbequem.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">Die Stadt</h2>
+
+ <p>Ich sah den Mond und des ägäischen<br />
+ Grausamen Meeres tausendfachen Pomp<br />
+ All meine Pfade rangen mit der Nacht.</p>
+
+ <p>Doch sieben Fackeln waren mein Geleit<br />
+ Durch Wolken glühend, jedem Sieg bereit.</p>
+
+ <p>»Darf ich dem Nichts erliegen, darf mich quälen<br />
+ Der Städte weiten Städte böser Wind?<br />
+ Da ich zerbrach den öden Tag des Lebens!«</p>
+
+ <p>Verschollene Fahrten! Eure Siege sind<br />
+ Zu lange schon verflackt. Ah! helle Flöten<br />
+ Und Geigen tönen meinen Gram vergebens.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">Der Traum</h2>
+
+ <p>Jawohl! Wir träumen oft von grossen Prünken<br />
+ Und durch die goldene Stadt, als Triumphator<br />
+ Kutschieren wir erhaben dem Senat vor<br />
+ Und nackte Mädchen stehn auf Marmelstrünken.</p>
+
+ <p>Der Wagen fliegt den Vogelflug der Möwen<br />
+ Trotzdem er köstlich teure Beute führt<br />
+ Und diamantenes Geschirr umschnürt<br />
+ Die Löwin und den Tibetaner-Löwen.</p>
+
+ <p>Da stürzt der Wagen. Plötzlich! Weh, verlieren<br />
+ Die Löwen sich zu Wut der Wüstennächte<br />
+ Weh! wer ist nahe der uns Hilfe brächte<br />
+ Weh! in der Not! &ndash; Die Bestien coitieren.</p>
+
+ <h2 class="not_in_toc">Am Morgen</h2>
+
+ <p>Er spricht: »Nicht ängstlich an Gestaden<br />
+ Auf offnem Meere will ich baden &ndash;<br />
+ Ha! der Vergleich ist ein gewagter!<br />
+ Ich werde frei vom Frohn der Zeiten<br />
+ Zum kosmisch-schöpferischen schreiten.« &ndash;<br />
+ (Kosmisch, sagt er).<br />
+ Er wandelt kühn um seinen Tisch, er wandelt wohl die ganze Nacht<br />
+ Beglückt in seiner Lampe Licht,<br />
+ Das jetzt am Tag am Blau zerbricht.<br />
+ Die ganze Nacht hat er umgebracht!<br />
+ (So ein Kerl!)</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Lebendes Bild</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_24">Lebendes Bild</h1>
+
+ <p>Zwei Skribenten mit zu großer Neese<br />
+ Sitzen vor der Wand aus gelbem Taft;<br />
+ Und sie sorgen sich um die Synthese<br />
+ Der Kultur und um die Jungfernschaft.</p>
+
+ <p>Denn der Teufel schreitet durch die Mitte<br />
+ Und ist gänzlich ohne innern Halt.<br />
+ Feurig federn seine langen Schritte,<br />
+ Schwarz und wechselnd ist er von Gestalt.</p>
+
+ <p>Und er wedelt mit dem schlangenhaften Schweife;<br />
+ Denn er hat mit einer Maus gehurt,<br />
+ Und im Vordergrund raucht schon die Pfeife<br />
+ Seine neugeborne Mißgeburt.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Der Teufel spricht:</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_25">Der Teufel spricht:</h1>
+
+ <p>»Ein alter Leichnam kriecht aus seinem Loche<br />
+ Im Eisenkleid nach alter Krieger Art.<br />
+ Er tut es jeden Sonntag in der Woche.<br />
+ Die Glocke dröhnt. Im Winde weht sein Bart.<br />
+ Zum Morde hebt er die verfallne Linke,<br />
+ Ihr wißt ja nicht, wie wohl das Geistern tut.<br />
+ Mit seiner Rechten macht er Winke-Winke.<br />
+ Aus sieben Wunden strömt er Rauch und Glut.«</p>
+
+ <p>Ein kleiner Engel knaut und will nicht essen.<br />
+ Fürwahr! Er hat den Teufel so geliebt.<br />
+ Doch jetzt beschließt er, seiner zu vergessen.<br />
+ Da er ihm nicht mal 'ne Zigarre gibt.<br />
+ Doch jener sieht ihn an mit blassen Blicken.<br />
+ Und freut sich sehr, daß sich der Kleine kränkt.<br />
+ »Wie werden wir uns heute Nacht erquicken,<br />
+ Doch die Zigarre kriegst'te nicht geschenkt.«</p>
+
+ <p>Im Saale weiße Fliegenschwärme,<br />
+ Der Dunst von Wein schlägt aus dem Mund der Zecher.<br />
+ Im Saale taumeln weiße Fliegenschwärme,<br />
+ Berauscht vom Zorn und vom Atem der Zecher.<br />
+ Berauscht vom Atem der Zecher Scharen weißer Fliegen.</p>
+
+ <p>Schwirren wie verrückte Tanten<br />
+ Zu Bekannten<br />
+ Und Folianten<br />
+ Und zu unbekannten Kanten,<br />
+ Schnatternd auf der Eisenbahn.</p>
+
+ <p>Siehste woll!<br />
+ Der Mann ist toll.<br />
+ Seine Nase glüht und thront<br />
+ Durch die Dünste wie der Mond,<br />
+ Wenn er aufgeht.<br />
+ Ob er, schrecklich zugerichtet,<br />
+ Immer unerhörter dichtet,<br />
+ Bis er draufgeht?</p>
+
+ <p>Ich rauch die Zigarette<br />
+ Und geh im Zimmer rum.<br />
+ Der Teppich ist so kokette,<br />
+ Ihn ziert gar manche Blum.</p>
+
+ <p>Der Mond ist meine Tante,<br />
+ Er schmoddert durch die Nacht.<br />
+ Die Sonne, meine Großmama,<br />
+ Hat nie an mich gedacht.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Karthago</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_26">Karthago</h1>
+
+ <p>Der eherne Stier speit Flammen. Durchs offene Tempeldach<br />
+ Blitzern die Strahlen der Sonne.<br />
+ Männer mit offenen Armen beten.<br />
+ Einer verschwand in dem krachenden dampfenden ehernen Maul &ndash;<br />
+ Knabenmänner, die zum Tanz sich drehten.</p>
+
+ <p>O blaue Tage, Tage der blutigen Rosen,<br />
+ Wo die bewaffneten Kähne die ewig bewegliche See durchschnitten.<br />
+ Tage des Opfers und menschenmordender Bitten.<br />
+ Wo die beschnittenen Priester mit sanft gleitenden Schritten<br />
+ In den Winkeln der Gärten mit Frauen kosen.<br />
+ Als Weib mit dem Weibe.<br />
+ Und es zittern und klirren die Goldgeschmeide<br />
+ Am heiligen Leibe.</p>
+
+ <p>Tage der purpurnen Sonnenstrahlen.<br />
+ Tage der Glut in der steinernen Stadt.<br />
+ Tage der Liebe und Tage der Qualen.<br />
+ Tage des Zorns in der totwunden Stadt.</p>
+
+ <p>Über der blau donnernden Flut unermüdlicher Meere<br />
+ Droht dir der Tod.<br />
+ Hoch am Himmel steht der Komet bluteiternd und rot,<br />
+ Ein Schwert, das die Leiber verzehrt,<br />
+ Ein Drache der Wut.</p>
+
+ <p>Blut bedeutet das träumende Licht in den Straßen,<br />
+ Vernichtung und Blut.<br />
+ Umsonst heult der eherne Stier mit feurigem Schlunde,<br />
+ Eure Töchter und Söhne verbrennt ihr im gräßlichen Feuer vergebens.<br />
+ Horch, es klingt der gläserne Tod durch die wüste Stunde.<br />
+ Und es erstarrt im Mittagswunder der Traum und die Kraft eures Lebens.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Der Träumende</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_27">Der Träumende</h1>
+
+ <p>Blaugrüne Nacht, die stummen Farben glimmen.<br />
+ Ist er bedroht vom roten Strahl der Speere<br />
+ Und rohen Panzern? Ziehn hier Satans Heere?<br />
+ Die gelben Flecke, die im Schatten schwimmen,<br />
+ Sind Augen wesenloser großer Pferde.<br />
+ Sein Leib ist nackt und bleich und ohne Wehre.<br />
+ Ein fades Rosa eitert aus der Erde.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Der Visionarr</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_28">Der Visionarr</h1>
+
+ <p>Lampe blöck nicht.<br />
+ Aus der Wand fuhr ein dünner Frauenarm.<br />
+ Er war bleich und blau geädert.<br />
+ Die Finger waren mit kostbaren Ringen bepatzt.<br />
+ Als ich die Hand küßte, erschrak ich:<br />
+ Sie war lebendig und warm.<br />
+ Das Gesicht wurde mir zerkratzt.<br />
+ Ich nahm ein Küchenmesser und zerschnitt ein paar Adern.<br />
+ Eine große Katze leckte zierlich das Blut vom Boden auf.<br />
+ Ein Mann indes kroch mit gesträubten Haaren<br />
+ Einen schräg an die Wand gelegten Besenstiel hinauf.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Tristitia ante …</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_29">Tristitia ante …</h1>
+
+ <p>Schneeflocken fallen. Meine Nächte sind<br />
+ Sehr laut geworden, und zu starr ihr Leuchten.<br />
+ Alle Gefahren, die mir ruhmvoll deuchten,<br />
+ Sind nun so widrig wie der Winterwind.</p>
+
+ <p>Ich hasse fast die helle Brunst der Städte.</p>
+
+ <p>Wenn ich einst wachte und die Mitternächte<br />
+ Langsam zerflammten &ndash; bis die Sonne kam &ndash;,<br />
+ Wenn ich den Prunk der weißen Huren nahm,<br />
+ Ob magrer Prunk mir endlich Lösung brächte,</p>
+
+ <p>War diese Grelle nie und dieser Gram.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Es hebt sich ein rosa Gesicht …</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_30">Es hebt sich ein rosa Gesicht …</h1>
+
+ <p>Es hebt sich ein rosa Gesicht<br />
+ Von der Wand.<br />
+ Es strahlt ein verwegenes Licht<br />
+ Von der Wand.<br />
+ Es kracht mir der Schädel<br />
+ Beim Anblick der Wand.<br />
+ Es träumt mir ein Mädel<br />
+ Beim Anblick der Wand.</p>
+
+ <p>O Wand, die in meine leblosen Stunden starrt<br />
+ Wand, Wand, die meine Seele mit Wundern genarrt<br />
+ Mit Langeweile und grünlichem Kalk<br />
+ Mein Freund. Meiner Wünsche Dreckkatafalk.</p>
+
+ <p>Soeben erscheint mir der Mond<br />
+ An der Wand.<br />
+ Es zeigt mir Herr Cohn seine Hand<br />
+ An der Wand.<br />
+ Es schnattert wie Schatten<br />
+ Pretiös an der Wand.</p>
+
+ <p>Verflucht an der Wand!<br />
+ Und heut an der Wand!<br />
+ Was stehen denn so viel Leut<br />
+ An der Wand?</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Stadt</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_31">Stadt</h1>
+
+ <p>Wie schön ist diese stolze Stadt der Gierde!<br />
+ Ihr Elend und geschmähter Überfluss<br />
+ Und schwerer Straßen sehr verzerrte Zierde.</p>
+
+ <p>Schamloser Tag entdeckt dir die Konturen.<br />
+ Die Häuser stehn befleckt mit Staub und Ruß,<br />
+ Es flirrt um Eilende und Wagenhaufen<br />
+ Furchtsame Weiber, Männer, blasse Huren …</p>
+
+ <p>Ich starre lange in die schnelle Pracht<br />
+ Ein Dumpfes ahnend drunten im Gedränge &ndash;<br />
+ Ich weiß, wie sie des blöden Tages Strenge<br />
+ Gewaltig preisen: dass er herrschen macht.</p>
+
+ <p>(Es zieht sie nur zur wohlumbauten Enge.)</p>
+
+ <p>Komm! lass uns warten auf die kranke Nacht<br />
+ Der schweren dröhnenden Gedankenpränge.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Am Lietzensee</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_32">Am Lietzensee</h1>
+
+ <div id="widmung">Meinem Freunde Georg Heym</div>
+
+ <p>Die rote Sandsteinbrücke packt<br />
+ Staubig die andere Seite vom schwärzlichen Tümpel.<br />
+ Laternen. Das verirrte Mondlicht zackt<br />
+ Über Sträucher und Wellen und träges Gerümpel.</p>
+
+ <p>Doch zu uns tönt der Abendschrei der Stadt.<br />
+ Ich spüre noch die Lust der vielen Straßen<br />
+ Und Trommelwirbel um Fortunas Rad.<br />
+ Doch du stehst vor mir schläfrig und verblasen.</p>
+
+ <p>Feindselig reichst du mir die plumpe Hand,<br />
+ Von neuem Zorn die starke Stirn betört.<br />
+ Und als ich längst schon meinen Weg gerannt,<br />
+ Hat alle Schritte noch dein Traum gestört.</p>
+</body>
+</html>
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+
+ <title>Aus blauen Wunden glomm die müde Nacht</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_33">Aus blauen Wunden glomm die müde Nacht</h1>
+
+ <p>Aus blauen Wunden glomm die müde Nacht<br />
+ Und alle Straßen lagen ohne Scham<br />
+ Und alle Fahnen schrieen in den Wind:<br />
+ So geht ein Tag zur Neige.</p>
+
+ <p>Der glühte so, daß ich die Büßereide<br />
+ Verschmähte und der Engel starre Glut.<br />
+ Zu süß war diese Qual. Dem letzten Leide<br />
+ Entgegen trieb mich weißer Sonnen Wut.<br />
+ Und ich zerbrach die Tempel der Entsagung.</p>
+
+ <p>Ist dies der Tod? Sprich, müde Pracht.<br />
+ Oder werde ich aus Deinen Schächten<br />
+ Zu lichten nie gekannten Städten steigen<br />
+ Und jedem Tage seine Donner zeigen?</p>
+
+</body>
+</html>
+
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+<head>
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+ <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+
+ <title>Sonja</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_34">Sonja</h1>
+
+ <p>Und wieder störst du meine Ruhe!<br />
+ Skelett! Und stehst vor meinem Bett!<br />
+ Grün bemalte Wangen. Blaue Schuhe.<br />
+ Und fragst: »O Hans! Bin ich so nett?«</p>
+
+ <p>Dann läßt du eine weiße Blüte<br />
+ Hinschweben durch das dufte Schlafgemach<br />
+ Und tief gerührt durch diese Güte<br />
+ Entfährt mir Esel leis ein »ach«.</p>
+
+ <p>Doch plötzlich spür ich dich entgleiten.<br />
+ Der Sonnenlöwe kommt und brüllt:<br />
+ »Wach auf in deine Einsamkeiten!« &ndash;</p>
+
+ <p>Vom grauen Morgenlicht verhüllt<br />
+ Und blank und breit, als Großmama,<br />
+ Vermahnend steht ein Waschtisch da.</p>
+
+</body>
+</html>
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+<head>
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+ <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+
+ <title>Tortur</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="toc_id_35">Tortur</h1>
+
+ <p>Im Himmel liegen Schwerter wo verborgen.<br />
+ Ja, wenn ich nur so lange Finger hätte!<br />
+ So aber hängt man mich an eine Kette,<br />
+ Hoch in die Luft, so zwischen heut und morgen.</p>
+
+ <p>Wer aber band mich fest? Ich möcht es gerne wissen<br />
+ Als Wachsfigur beschweb ich diese Stadt.<br />
+ Man hüllt mich ein in sanften Finsternissen,<br />
+ Weil sonst die Polizei ein Einsehn hat.</p>
+
+</body>
+</html>
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+ <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" />
+ <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+
+ <title>Inhalt</title>
+</head>
+
+<body>
+ <div class="toc-title">
+ Inhalt
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/01.html">Morgens</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/02.html">Der Morgen des Philosophen</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/03.html">Klage</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/04.html">Zweifel</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/05.html">Weltende</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/06.html">Varieté</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/07.html">Die Himmelsschlange</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/08.html">Der Oberlehrer</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/09.html">Italien</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/10.html">Legende</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/11.html">Nacht</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/12.html">Tohub</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/13.html">Der Idealist</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/14.html">Der Freund</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/15.html">Andante</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/16.html">Aurora</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/17.html">Couplet</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/18.html">Der Todesengel</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/19.html">Hymne</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/20.html">Indianisch Lied</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/21.html">Der Tag der Stadt</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/22.html">Lebendes Bild</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/23.html">Der Teufel spricht:</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/24.html">Karthago</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/25.html">Der Träumende</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/26.html">Der Visionarr</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/27.html">Tristitia ante …</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/28.html">Es hebt sich ein rosa Gesicht …</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/29.html">Stadt</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/30.html">Am Lietzensee</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/31.html">Aus blauen Wunden glomm die müde Nacht</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/32.html">Sonja</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1">
+ <a href="../Text/33.html">Tortur</a>
+ </div>
+
+ <div class="toc-level-1 anhang">
+ <a href="../Text/nachweise.html">Text- und Bildnachweise</a>
+ </div>
+
+</body>
+</html>
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+ <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" />
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+
+ <title>Text- und Bildnachweise</title>
+</head>
+
+<body>
+ <h1 id="nachweise_t">Texte</h1>
+
+ <p><a href="06.html">Varieté</a> - »Der
+ Sturm«, Nr. 47, 21. Januar 1911, S. 373-374</p>
+
+ <p><a href="21.html">Der Tag der Stadt</a> - »Der
+ Sturm«, Nr. 53, 4. März 1911, S. 421</p>
+
+ <p><a href="08.html">Der Oberlehrer</a> - »Der
+ Sturm«, Nr. 64, 1. Juni 1911, S. 510</p>
+
+ <p><a href="09.html">Italien</a> - »Der
+ Sturm«, Nr. 82, Oktober 1911, S. 653-654</p>
+
+ <p><a href="11.html">Nacht</a> - »Der
+ Sturm«, Nr. 182/183, Oktober 1913, S. 116,118</p>
+
+ <p><a href="15.html">Andante</a> - »Der
+ Sturm«, Nr. 196/197, Februar 1914, S. 175</p>
+
+ <p><a href="19.html">Hymne</a> - »Der
+ Sturm«, Nr. 198/199, Februar 1914, S. 183</p>
+
+ <p><a href="13.html">Der Idealist</a> - »Dada 3«,
+ Dezember 1918, S. 10</p>
+
+<p>Die Zeitschriften »Der Sturm« und »Dada« sind über das
+ <a href="http://bluemountain.princeton.edu/bluemtn/cgi-bin/bluemtn">Blue
+ Mountain Projekt</a> der Universität Princeton
+ zugänglich.</p>
+
+ <h1 id="nachweise_b">Bilder</h1>
+
+ <p>Titelblatt: George Grosz - Straße in Berlin</p>
+
+ <p>Portrait: Jakob van Hoddis, 1914<br />
+ Tuschezeichnung von Ludwig Meidner, 1884-1966<br />
+ Sammlungen des Art Institute Chicago</p>
+
+</body>
+</html>
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+<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml">
+<head>
+ <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" />
+ <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+ <title>Jakob van Hoddis - 33 Gedichte</title>
+</head>
+
+<body>
+ <p style="text-align: center;"><img alt="" src="../Images/Grosz_Strasse_in_Berlin.jpg" /></p>
+
+ <h1 id="toc_id_1" style="text-align: center;">Jakob van Hoddis</h1>
+
+ <h1 id="toc_id_2" style="text-align: center;">33 Gedichte</h1>
+</body>
+</html>
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+<html xmlns="http://www.w3.org/1999/xhtml">
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+ <meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=utf-8" />
+ <link href="../Styles/style.css" rel="stylesheet" type="text/css" />
+ <title>Jakob van Hoddis 1914 (Ludwig Meidner)</title>
+</head>
+
+<body>
+ <p style="text-align: center;"><img alt="" src="../Images/jakob-van-hoddis.jpg" /></p>
+
+ <p style="text-align: center;">Jakob van Hoddis (1887 - 1942)</p>
+</body>
+</html>