Crazy Rich Asians, USA, 2018, Jon M. Chu, 120 Min.
Crazy Rich Asians ist eine klassische Schnulze - kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht - und trotzdem überrascht der Film in mehrfacher Hinsicht.
Die Geschichte von Crazy Rich Asians ist altbekannt aus Groschenromanen und Seifenopern: Der jugendliche Held stellt die Herzallerliebste der Familie vor, aber die böse Schwiegermutter will etwas besseres für ihren Sohn. Und da es sich hier um eine romantische Komödie aus Hollywood handelt, reduziert sich die Spannung auf die Frage, wie sie trotzdem zueinander finden. So weit, so überraschungsarm.
Doch der Film führt ein enormes Selbstbewusstsein vor. Den Anfang machen ein paar Witze über New Yorker, die ihre Stadt für den Nabel der Welt halten. Er schlägt »ein Abenteuer im Osten« vor und sie vermutet: »Oh, ins East Village?« Er korrigiert: »weiter östlich«, sie erstaunt: »Queens?«, er lächelt: »Singapur«. Und als sie in Singapur landen, stellt sie den Vergleich her: An diesem Flughafen gäbe es einen Schmetterlingsgarten und ein Kino, JFK halte nur Salmonellen und Verzweiflung bereit.
Mit dem Anflug auf die Stadt und der Fahrt über die Straßen inszeniert der Film Singapur als einen Schauplatz der Moderne, und in der Erinnerung verblasst New York zu einer Ruine des 20. Jahrhunderts. Mit der gleichen selbstbewussten Nonchalance beginnt der Film, die kulturellen Unterschiede zu thematisieren, in dem er etwa einen Marktplatz für Straßenküchen vorführt und dabei mühelos kulinarische Vielfalt ausbreitet. Und das einzige, was an Fast Food erinnert, ist das Tempo, mit dem das Essen auf den Tisch kommt.
Kultiviertheit und Bildung auszustellen, ist im US-amerikanischen Blockbuster-Kino tabuisiert und schon den Sprachschatz reduzieren die Filme in der Regel auf 600 Worte. Die irrsinnig reichen Asiaten verfügen aber nicht nur über Geld. Und so sprechen, bis auf die Großmutter, alle Englisch und nicht nur das: Sie sprechen sogar richtiges Englisch - mit Oxford-Akzent! Und im Gegensatz zu den Kinderzimmerproduktionen, mit denen Hollywood in den letzten Jahren das Publikum vorzugsweise beglückt hat, fallen hier Vokabeln wie »Spieltheorie«. Offensichtlich nimmt der Film keine Rücksicht auf die gängige Annahme der Hollywood-Produzenten, den gemeinen Kinogängern erstarre bei solchen Zumutungen die Hand in der Popcorn-Tüte.
Trotzdem lässt sich Crazy Rich Asians als amerikanischer Film identifizeren, schließlich geht es am Ende auch hier um die fundamentale Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse und natürlich kommt es zum Showdown im klassischen Duell.
Nun vielleicht nicht ganz: Die Schwiegermutter erhält mehrfach die Gelegenheit die Beweggründe ihrer Ablehnung darzulegen und entgeht durch die unterschiedlichen Facetten einer stromlinienförmigen Typisierung als böse Böse. Statt dessen formuliert sie den Zwiespalt zwischen dem angeblich traditionsverhafteten Leben in Singapur und der Amerikanisierung der Ausgewanderten. Darin nun wiederum sieht die Schwiegertochter in spe ein Vorurteil und führt ihr eigenes Traditionsbewusstsein dagegen ins Feld.
Auch das Duell entspricht nicht ganz den Erwartungen an den Hollywood-Mainstream. Hier stehen sich nicht zwei männliche Fitness-Studio-Opfer gegenüber, die sich tricktechnisch unterstützt vermöbeln. Nein, statt dessen sitzen zwei Frauen an einem Tisch, um mit einer Partie »Mahjongg« (und wieder erstirbt das Rascheln in der Popcorn-Tüte) die gegensätzlichen Positionen auszuloten und womöglich einen Stich zu machen.
Mit einigen intelligenten Dialogzeilen in einer flachen Geschichte für Untiefen sorgen; den kulturellen Reichtum als Hintergrund nutzen und einzelne Aspekte in den Fokus rücken - »Crazy Rich Asians« schafft mit leichter Hand unerwartet vielschichtige Unterhaltung.