Der Prozess des Verdummens scheint allgemein bekannt und wird gerne beklagt. Dabei vertrotteln vorzugsweise die Anderen und das in Massen. Wahlweise verblödet das Land, die Jugend, die Menschheit, und daran sind, die Diagnosen lassen keinen Zweifel, externe Faktoren schuld: das Fernsehen, die Werbung, das Internet.
Dabei erscheint das Verblöden nicht als bewusst eingesetzter Prozess konservativer Dunkelmänner, wie ihn noch die »Volksverdummung« in einer frühen Variante der Verschwörungstheorie gesellschaftskritisch unterstellte. Statt dessen handelt es sich beim Verblöden um einen quasi schicksalhaften Prozess, der abgesehen vom Mahner alle Anderen unausweichlich erfasst.
In seltenen Fällen gilt das Klagen über die Verblödung auch der eigenen Person. Dann nimmt die Klage eine unpersönliche Form an: »man verblödet«. Geradezu rar ist die offene, fast rigide Selbstkritik in der Formulierung »ich verblöde«. Doch die Sprache schlägt auch in der Selbstanklage Haken, denn nach wie vor erleiden die Geständigen das Verblöden: »Man verblödet bei dieser Arbeit« oder »unter diesen Leuten verblöde ich«. Die Formulierung der Passivität bleibt erhalten.
Doch wenn wir die Gewohnheit und das grammatikalische Unbehagen beiseite lassen und davon sprechen, dass wir uns verblöden, werden aus den Opfern Täter, aus den Leidenden werden Handelnde, die sich selbst malträtieren. Und damit stellen sich dann die notwendigen Fragen ein: Was mache ich hier eigentlich? Und wie komme ich hier wieder heraus?