Jazz

Oren Ambarchi, Mark Fell, Will Guthrie, Sam Shalabi - Oglon Day

Das Quartett der vier einschlägig bekannten Experimentatoren gibt sich sparsam. Die eingesetzten Klangfarben bleiben reduziert, im Zusammenspiel wirken die Klanggebilde eher karg und scheinen vor allem an rhythmischen Akzenten interessiert. Das drückt sich auch in den Stücken selbst aus, die wirken, als beschränkten sie sich auf den Höhepunkt des Spannungsbogens.

Selvhenter - Motions of Large Bodies

Mit zwei Schlagzeugen, Saxophon, Posaune und Geige treten die Damen aus Dänemark an. Identifizieren lassen sich die Instrumente in den meisten Stücken kaum. Es geht eher darum, mit aller Vehemenz eine Klangfarbe zum massiven Ensemble-Sound beizutragen und die Stücke voran zu treiben. Anknüpfungspunkte finden sich vielleicht in der Geisteshaltung der Metall-Jazzer von The Thing oder der Klangfaszination von Nisennenmondai - ganz wunderbar unerhört.

Von Duesz - Dynamo, Garant

Die Band kommt aus der Stadt, die es nicht gibt (um mal eine Usenet-Antiquität wieder auszugraben), und mischen lässig unbekümmert Techno, Elektronisches und Jazz und bringen mit Spilts tatsächlich eine Verbeugung vor dem Free Funk aus Ornette Colemans »Prime Time«-Zeiten unter. Leider hält die zweite Platte nicht so ganz, was sie auf Dynamo noch versprochen hatten.

Goebbels & Harth - Vier Fäuste für Hanns Eisler, Vom Sprengen des Gartens, Der durchdrungene Mensch / Indianer für Morgn, Bertold Brecht - Zeit wird knapp, Frankfurt/Peking

Als Duo fanden Heiner Goebbels und Alfred Harth Ende der 70er bis Mitte der 80er zusammen und experimentierten in den Randbereichen des Free Jazz mit elektronischen Klängen und Rock-Bezügen. Die Brecht-Hommage »Zeit wird knapp« gehört wohl zu den eindrücklichsten Platten, die ich je gehört habe. Den höhnischen Rapport zum »Abbau des Schiffes Oskawa« habe ich auch nach 30 Jahren noch im Ohr. 

Neneh Cherry & the Thing - The Cherry Thing

Don Cherrys Tochter dürfte für 7 Seconds mit Youssou N'Dour am bekanntesten sein. Dabei hat sie Anfang der 80er beim Pop Group-Ableger Rip Rig & Panic die hörenswerteren Sachen hinterlassen. Für die aktuelle Aufnahme hat sie die norwegischen Brachialjazzer von The Thing domestiziert, und mischt eigene Stücke mit Cover-Versionen - unter anderem von ihrem Vater. Too Tough Too Die bezieht sich leider nicht auf die Ramones, dafür verbeugt sie sich vor Suicide: Dream Baby Dream.

Kornstad - Single Engine

Håkon Kornstad ist ein norwegischer Jazz-Saxophonist, der in diesen Tagen sein zweites Solo-Album vorlegt. Das hier ist sein erstes und er nutzt darauf die Technik, um aus seinem einen Instrument mit aller Zurückhaltung etwas mehr zu machen. Für Rock gewohnte Ohren könnte "Tempelhof" ein Anknüpfungspunkt sein. Mir bleibt vor allem "Sweden" im Kopf, zu dem jemand mit allem Unverstand der Jugend meinte, es klänge, wie moderne Malerei aussieht. Dabei ist es nur ein wunderhübsches Lied.

Tin Hat (Trio) - Helium, The Sad Machinery of Spring

Tin Hat begann als Duo-Formation, die den Dritten zur Session jeweils einlud. Mittlerweile ist das Trio gewachsen und die Band erschließt auch ohne Besucher einen riesigen Fundus an Anknüpfungspunkten. Mal klingt es nach Folk, dann scheint Jazz durch, bis die Klarinette Klezmer tanzt und Kurt Weill einfließt. Spart man die Momente aus, in denen die Musik ins Esoterische abgleitet, bleibt eine ruhige, souveräne, sehr unterhaltsame Mixtur.